98 Drittes Kapitel.
und zwar solche, welche lediglich durch den Eintritt der süd-
deutschen Staaten und durch die für denselben geforderte ge-
setzliche Form nicht bedingt sind. Trotzdem sind diese
Veränderungen nicht im vertragsmässigen Wege erfolgt.
Eine neue Redaktion des Einganges bot zuerst die zwi-
schen dem norddeutschen Bunde, Baden und Hessen verein-
barte Verfassung des deutschen Bundes vom 15. Nov. 1870.
Sie unterliess eine Aufzählung der einzelnen norddeutschen
Staaten. Ihr trat Würtemberg in seinem, nur mit Stimmen-
mehrheit im norddeutschen Bundesrathe angenommenen Ver-
trage vom 25. desselben Monates bei. Bayern dagegen for-
mulirte den Bundeszweck in dem feierlichen Eingang und den
Bundesschluss unter I. seines ebenfalls nur mit Stimmenmehr-
heit im norddeutschen Bundesrathe angenommenen Vertrages.
vom 23. November 1870, nahm aber daneben mit der Ver-
fassung des norddeutschen Bundes auch deren Eingang, aller-
dings ohne ausdrückliche Formulirung desselben, an, sodass.
eine Aufzählung der einzelnen norddeutschen Staaten zu er-
warten stand®. Eine übereinstimmende und endgültige For-
mulirung des Einganges durch die Verfassungsverträge hat.
überhaupt nicht stattgefunden. Sie ist erst erfolgt durch das.
Reichsgesetz vom 16. April 1871, in Anschluss nicht an den
bairischen Vertrag, sondern an die badisch - hessische Ver-
fassungsurkunde d. h. ohne die Aufzählung der norddeutschen:
Staaten. Es ist dies Alles geschehn durch Verhandlungen,
welche eine vertragsmässige Betheiligung der einzelnen nord-
deutschen Staaten ausschlossen, für sie also lediglich in den
Formen der Gesetzgebung.
Hiernach kann an eine Fortdauer des behaupteten ver-
tragsmässigen Verhältnisses der norddeutschen Staaten unter
einander oder auch zur Gesammtheit nur dann gedacht wer-
den, wenn man annimmt, dass Text und Inhalt des Einganges
der norddeutschen Verfassung durch die verfassungsmässige.
6 Erklärung des Präsidenten des Bundeskanzleramtes in der 2. ausser--
ordentlichen Sitzung des norddeutschen Reichstages von 1870. Sten. Ber.
pag. 68. 140.