Die einzelnen Bestimmungen der deutschen Reichsverfassung. 115
hoben wurden. Die Bezugnahme ist wiederum nur ein ver-
kürzter Ausdruck für die wörtliche Aufnahme der Vertrags-
artikel in den Text der Verfassung. Sie sind von ihrem
ursprünglichen vertragsmässigen Entstehungsgrund losgelöste
verfassungsgesetzliche Bestimmungen für Baiern mit der näm-
lichen Geltungsart und rechtlichen Wirkung, wie es die ent-
sprechenden Artikel der Reichsverfassung für die übrigen
Theile des Reiches sind.
2. Einen andern Charakter tragen die in der Schlussbe-
stimmung zum XI. Verfassungsabschnitt für Würtemberg ent-
haltenen Vorschriften an sich.
Die hier in Bezug genommene Militärkonvention 13 setzt
nicht, wie es der bairische Verfassungsvertrag that, an die
Stelle der Verfassungsartikel, deren Gültigkeit für Würtem-
berg ausgeschlossen sein soll, so präzisirte Bestimmungen,
dass sie zur direkten oder indirekten Einfügung in den Ver-
fassungstext als besondere formulirte Gesetzartikel geeignet
sind. Vielmehr lässt die Konvention die gemeingültigen Ver-
fassungsartikel unberührt und stellt sich als ein selbständiges
Instrument der Verfassung an die Seite, dergestalt dass erst
aus dem Gesammtinhalt desselben die beabsichtigten Modi-
fikationen der gemeingültigen Vorschriften geschlossen werden
müssen.
Die Militärkonvention hat nicht die Wirkung, Würtem-
berg rücksichtlich seines Militärwesens gänzlich ausserhalb
der Verfassung zu stellen. Dasselbe steht auch bezüglich
seines Militärwesens in einem verfassungsmässigen Verhält-
nisse zum Reiche. Der oberste Satz, das Alinea 1 des 63.
Verfassungsartikels: „Die gesammte Landmacht des Reiches
wird ein einheitliches Heer bilden, welches in Krieg und
Frieden unter dem Befehle des Kaisers steht“ gilt auch für
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13 Das zu der Militärkonvention gehörige Protokoll vom 21./25. Novem-
ber 1870 enthält nur untergeordnete Erläuterungen und Uebergangsbestim-
mungen und war daher zu besonderer Bezugnahme der Verfassung nicht
geeignet.
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