126 Drittes Kapitel.
Rechtsquellen dartiber, welche der zahlreichen Vorschriften
der Zollvereinsverträge nach dem aufgestellten Kriterium der
einen oder andern Geltungsart anheimfallen.
In der Sitzung des zweiten ausserordentlichen Reichstages
vom 7. Dezember 1870 lehnte der Präsident des Bundeskanz-
leramtes auf geschehene Anfrage eine solche Klassifikation ab,
theils um der damit verbundenen grössten Schwierigkeiten
willen, theils weil dadurch eine Menge von Fragen diskutabel
gemacht würden, „die von der Art sind, dass sie eigentlich
nur dadurch zu Fragen werden, wenn man darauf gestossen
wird, sie als solche zu behandeln.“- Die wissenschaftliche
Erörterung kann selbstverständlich weder aus dem einen noch
dem andern Grunde auf eine solche Classifikation verzichten,
sie ist ihr insbesondere geboten, durch die Nothwendigkeit,
Klarheit zu gewinnen, über das, was neben der Verfassungs-
urkunde den Anspruch auf Geltung als Verfassungsgesetz mit
den erschwerenden Abänderungsformen des Artikel 78 erhebt.
Zur Lösung der aufgeworfenen Frage ist an erster Stelle
erforderlich in der Gesammtheit derjenigen Verabredungen,
welche mit der Bezeichnung: Zollvereinsvertrag vom 8. Juli
1867 zusammengefasst sind, diejenigen Vorschriften auszu-
scheiden welche einerseits dem Verordnungsrecht des Bundes-
rathes anbeimfallen andererseits als gesetzliche Vorschriften,
sei es als einfache oder als Verfassungsgesetze, zu gelten
haben. Gerade hierfür würde die Massenhaftigkeit des Ma-
teriales, wie es die fünf Bände der Verträge und Verhand-
lungen über die Ausbildung und Ausführung des deutschen
Zoll- und Handelsvereines bieten, und die Frage nach den
innern Unterscheidungsmerk malen von Gesetz und Verordnung
grosse Schwierigkeiten bereiten. Allein die Entstehungsge-
Präsident des Bundeskanzleramtes, über den Sinn des Art. 40 im badisch-
hessischen Verfassungsvertrag interpellirt, ausdrücklich: ‚‚Es ist diese Ge-
sammtheit von Verabredungen zum Theil administrativer Natur zum Theil
legislativer Natur und. zum Theil verfassungsmässiger Natur‘‘. II. Ausser-
ordentliche Session des norddeutschen Reichstages. Sten. Ber. pag. 126. 127.