Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Erster Band. Die vertragsmäßigen Elemente der Deutschen Reichsverfassung. (1)

134 "Drittes Kapitel. 
petenz für Massregeln der Medizinal- und Veterinairpolizei ist 
es zweifellos Sache des Reiches, den Umfang und die Bedin- 
gungen festzustellen, in welchem und unter denen der Einzel- 
staat aus diesem Grunde Verkehrshemmungen anordnen darf. 
Daher denn auch das Reichsgesetz über Massregeln gegen die 
Rinderpest vom 7. April 1869 das Recht der Einzelstaaten, zur 
Abwehr dieser Seuche Einfuhr- und Ausfuhrverbote zu erlassen, 
als eine Ermächtigung des Reiches bezeichnet. Die 
zweite Ausmahme gestattet dem Einzelstaat zeitweise Ausfuhr- 
verbote gegen das Ausland bei dem Eintritte ausserordent- 
licher Umstände, insbesondere bei drohendem und ausge- 
brochenem Kriege, dergestalt dass erst alsdann, wenn ein 
gleiches Verbot. von allen vertragenden Theilen des Vereines 
nicht erreicht werden kann, dasselbe auch auf die nicht bei- 
tretenden Theile ausgedehnt werden darf. Diese Ausnahme 
nimmt eine Beziehung zum Auslande zur Voraussetzung; sie 
hat eine völkerrechtliche Seite, mag sie zum Schutze eigener 
Interessen oder zur Erfüllung völkerrechtlicher Rechte oder 
Pflichten stattfinden. Damit tritt sie aber auch in den verfas- 
sungsmässigen Wirkungskreis des Reiches, welches die Be- 
ziehungen zum Auslande trotz der dauernden völkerrechtlichen 
Persönlichkeit auch des Einzelstaates in dem Umfange zu 
wahren hat, dass es berechtigt und verpflichtet ist, auch die 
Interessen und Rechte der Einzelstaaten zu vertreten. Dies 
insbesondere dann, wenn die Vertretung dieser Interessen 
und Pflichten eine Rückwirkung übt auf das innere Verhält- 
niss der Bundesstaaten zu einander, wie gerade im vorliegen- 
den Falle vorausgesetzt ist. Auch für diesen Fall erscheinen 
die Bestimmungen des ZVV. als untergeordnet einer zu- 
treffenden Kompetenz des Reiches. Und so gelangen wir in 
strenger Anwendung des a. 33 der RV. zu dem allgemeinen 
Satze, dass die Kompetenz des Reiches überall begründet ist, 
um die Zulässigkeit und die Voraussetzungen aller Verkehrs- 
bemmungen im einheitlichen deutschen Zoll- und Handels- 
gebiet, welche nicht in dem verfassungsgesetzlich anerkanntem 
Rechte der innern Besteuerung begründet sind, zu bestimmen.
	        
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