Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Erster Band. Die vertragsmäßigen Elemente der Deutschen Reichsverfassung. (1)

138 Drittes Kapitel. 
3. Das Recht der Bestrafung verbleibt auch im Gebiete 
des Zoll- und gemeinschaftlichen Steuerwesens dem Einzel- 
staate; ihm und nicht dem Reiche stehn daher die Rechte der 
Begnadigung und Strafverwandlung und der Bezug der Geld- 
strafen und Konfiskate zu. ZVV. a. 18. a. 10 No.4. 
4. Innerhalb des Kreises ihrer selbständigen Befugnisse 
endlich haben die Bundesstaaten das Recht unter sich Verträge 
über die Erhebung und Verwaltung der Zölle und Reichs- 
steuern oder auch partikuläre Steuern neuerdings abzu- 
schliessen und die geschlossenen „Anschlussverträge“ auf- 
recht zu erhalten. ZVV.a.2.' 
Durch diese Vorschriften ist die Grenzlinie gezogen zwi- 
schen dem Selbstverwaltungsrecht der Einzelstaaten und der 
Reichsgewalt auf dem Gebiete des Zollwesens und der Reichs- 
verbrauchssteuern. Die gezogene Grenzlinie hat eine ver- 
fassungsmässige Sanction empfangen in der Klausel „so- 
weit“ des ersten, sowie in dem zweiten und dritten Alinea des 
Artikel 36. der RV. Es kann daher keinem Zweifel unter- 
liegen, dass jede Veränderung dieser Vorschriften, welche die 
gezogene Grenzlinie sei es zu Gunsten stärkerer Machtbefug- 
nisse des Reiches sei es zu Gunsten grösserer Selbständigkeit 
der Einzelstaaten verrückt, nur in den Formen der Ver- 
fassungsänderung, also auf dem in Artikel 78. bezeichneten 
Wege geschehn kann. 
II. Eine zweite Reihe von Bestimmungen des Zollver- 
einigungsvertrages vom 8. Juli 1867 fällt in Gebiete, welche 
ausserhalb der verfassungsmässigen Kompetenz des Reiches 
liegen. Ihr Gegenstand ist: 
Das Abgabenwesen der Einzelstaaten. 
Das Reich ist nicht angewiesen lediglich auf Matrikular- 
beiträge. Es hat das Besteuerungsrecht wie der Einzelstaat. 
Verfassungsmässig sind ihm bestimmte Steuerquellen vorbe- 
halten: die Zölle, Salz, Tabak, inländischer Zucker und 
Syrup, und mit der Sonderstellung der drei süddeutschen 
Staaten — Branntwein und Bier. Das Reich hat überdies das 
Recht, sich jeder Zeit ohne Beschränkung auf bestimmte Ge-
	        
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