158 Drittes Kapitel.
eine Abänderung in der verfassungsmässig festgestellten Ab-
grenzung der Bundeskompetenzen gegenüber den Kompe-
tenzen der Einzelstaaten nicht im Wege der Bundesgesetz-
gebung, sondern nur durch die freie, vertragsmässige Einigung
aller Bundesstaaten unter verfassungsmässiger Mitwirkung
der Einzellegislaturen bewirkt werden könne.
Da der Art.78.d.n. BV. zweifellos irgend welche Verfassungs-
änderungen der Bundeskompetenz unterwarf und da diese
Verfassungsänderungen eben so zweifellos auf den Weg der
Bundesgesetzgebung gewiesen waren, so musste der entschei-
dende Streitpunkt die Behauptung bilden, dass der im Art. 78
gebrauchte Ausdruck: „Verfassung“ nur diejenigen Theile der
Verfassungsurkunde begreife, welche sich nicht auf die Fest-
stellung der Bundeskompetenz beziehn.
Ein allgemeiner Sprachgebrauch, welcher, im Gegen-
satz zu dem Sprachgebrauche der Verfassungsurkunden der
Einheitsstaaten, für irgend welche Staatenverbindungen dem
Worte Verfassung die behauptete engere Bedeutung beimisst,
steht nicht fest 38.
recht: Dr. H. Böhlau, Kompetenz - Kompetenz? 1869. — Dr. H. A.
Zachariä, Die Verfassungsänderung nach a. 78 d. n. BV. 1869.— Dr. H.
Böhlau, Replik zur Kompetenz-Kompetenz? — Meyer, Grundzüge pag.
54. — Keller, der nordd. Bund, 1870 pag. 390.
Flir die Kompetenz-Kompetenz: Die Kompetenz des nordd. Bundes
aus a. 78 der BV. Von einem Mitgliede des konstituirenden Reichstages.
1870. — Thudichum, Verfassungsrecht des nordd. Bundes pag. 85 ff. —
von Martitz, Betrachtungen pag. 10. — Hiersemenzel, Die Verfassung
des nordd. Bundes pag. 34. — von Rönne, Preussisches Staatsrecht,
3. Aufl. $ 209. — Seydel, Kommentar zur Verfassungsurkunde pag. 260 ff.
Vermittelnd dahin, dass eine Kompetenzerweiterung durch Gesetz zu-
lässig, sofern es sich nicht um eine grundsätzliche Aenderung der Bundesan-
lage und Verschiebung der Gewaltverhältnisse, sondern nur um Entwicklung
der in der BV. liegenden Prinzipien handelt: von Gerber, Staatsrecht,
2. Aufl., pag. 245. Anm. 2.
38 Allerdings unterscheidet der Entwurf des deutschen Reichs-
grundgesetzes der 17 Vertrauensmänner vom 26. April 1848 aus-
drücklich die Bedeutung, d. i. die Kompetenz in Artikel II von der Ver-
fassung, d. i. der Organisation des Reiches in Artikel III, aber er nennt die