162 Drittes Kapitel.
es liegt im Wesen des Bundesstaates, dass seine Kompe-
tenzen vertragsmässig umgrenzte sind #2;
die Kompetenz-Kompetenz der Gesammtheit macht den
angeblichen Bundesstaat zum Einheitsstaat cum die#,
, Wirhaben gesehn, dass der erste Satz eine entscheidende
Bedeutung nur dann gewinnt, wenn wir dem Bundesstaate die
Natur des Staates absprechen. Gerade dies aber steht zum
Beweise.
Wirmusstendem zweiten Satze jede Ueberzeugungskraft
absprechen, da die Gestaltung des Bundesstaates die verschie-
densten Formen der Verfassungs- und Kompetenzänderungen
nicht nur als möglich, sondern als thatsächlich geltend aufwies.
Gegenüber dem dritten Satze bedurfte esallerdings des
Beweises nicht, dass die verbündeten Regierungen bei Ein-
sehung des norddeutschen Bundes die Absicht ausschlossen,
den betagten Einheitsstaat zu begründen. Wohl aber be-
durfte es des nicht einmal versuchten Beweises, dass die ver-
bündeten Regierungen in der politischen Gesammtlage Deutsch-
lands, in den festgestellten hemmenden Formen jeder Ver-
fassungsänderung und in Hinblick auf das Schicksal der
bisherigen Bundesverhältnisse einen genügenderen, weil
durchführbaren, einen formell geringern aber politisch werth-
volleren Schutz gegen die befürchtete politische Strömung nach
dem Einheitsstaate hin nicht erblickthaben und nichterblicken
konnten, als ihnen die bedenkliche Nothwendigkeit einer ver-
42 Das ist die Grundlage für die Ausführungen H. A. Zachariä’s.
Derselbe behauptet überdies — Verfassungsänderung pag. 44 —, dass eine
Erweiterung derBundeskompetenz zwar nur auf vertragsmässigem Wege,
eine Einschränkung derselben aber allerdings auf verfassungsmässigem
Wege erfolgen könne. Letzteres, weil der Bund Herr und freier Disponent.
über seine Machtsphäre sei. Allein wenn die Kompetenz eine vertragsmäs-
sige ist, so ist der Bund nicht Herr darüber und es ist eine irrige politische
Voraussetzung, dass der Einzelstaat bei einer Einschränkung der Bundeskom-
petenz kein rechtliches Interesse habe. Die Vertragsmässigkeit der Kompe-
tenz vorausgesetzt, muss jede Aenderung derselben bis zur ausdrücklichen
Stipulirung des Gegentheiles vertragsimässig erfolgen.
43 Das ist der Ausgangspunkt in den Streitschriften H. Böhlau’s.