Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Erster Band. Die vertragsmäßigen Elemente der Deutschen Reichsverfassung. (1)

172 Drittes Kapitel. 
erweiterung hätte es nach gegnerischer Ansicht nicht nur der 
Einstimmigkeit des Bundesrathes, welche wenigstens für den 
badisch-hessischen Vertrag vorlag ®s4, sondern auch der ver- 
fassungsmässigen Mitwirkung der norddeutschen Einzellegis- 
laturen bedurft 65, ' 
Das Entscheidende des Präjudizes könnte man für das 
deutsche Reich nur bestreiten in Rücksicht auf die süd- 
deutschen Staaten, für welche sich die Kompetenzerweiterung 
lediglich in der Form des Vertrages, in der vertragsmässigen 
Annalıme der so umgestalteten Bundesverfassung vollzog. 
Dem steht zunächst entgegen, dass die vertragsmässige 
Annahme der deutschen Bundesverfassung materiell und in 
allem Wesentlichen der Eintritt der süddeutschen Staa- 
ten in die norddeutsche Verfassung war. Sie durften eine 
vor ihren Augen sich vollziehende gesetzliche Deutung des 
Artikel 73 im norddeutschen Bunde bei abweichender Auf- 
fassung nicht ohne Widerspruch oder Vorbehalt lassen, wenn 
dieselbe nicht gegen sie gelten sollte €. 
Vor allen Dingen aber haben die Verhandlungen über die 
Verfassungsverträge den entscheidenden Punkt ausdrücklich 
getroffen. ‚ Während in den Vorbesprechungen, welche Ende 
grossen Zieles nicht zu gefährden‘‘ zu behaupten, ohne dass daraus Konse- 
quenzen für die Zukunft gezogen werden dürften. ib. pag. 105. 
64 Hierauf berief sich Wagener - Neustettin ib. pag. 92. 
6 Schaffrath, die Kompetenz-Kompetenz des deutschen Reiches be- 
streitend, berief sich in der zweiten sächsischen Kammer, Sitzung 
vom 23. Februar 1872 (Mittheilungen der Verhandlungen des Landtages pag. 
1133) darauf, dass die Verfassungsverträge, als nur vom norddeutschen Bunde 
geschlossen, für die einzelnen norddeutschen Staaten und für das Recht der 
Einzellandtage auf Zustimmung zu Kompetenzerweiterungen des Bundes res 
inter alios acta sei. Allein dann war es zweifellose Pflicht der Einzellegis- 
laturen die ministerielle Verantwortlichkeit für die Instruktion der Bundes- 
rathsbevollmächtigten in diesem entscheidenden Falle in Anspruch zu nehmen, 
was nirgends geschehn ist. 
86 Darauf wies Oesterlein inder2. würtembergischen Kammer, Sitzung 
vom 23. Dezember 1870, ausdrücklich hin. Verhandlungen der würtem- 
bergischen Kammer der Abgeordneten pag. 42.
	        
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