Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Erster Band. Die vertragsmäßigen Elemente der Deutschen Reichsverfassung. (1)

Die einzelnen Bestimmungen der deutschen Reichsverfassung. 177 
dass nach Alinea 1 des Artikel 78 der deutschen Reichsver- 
fassung Veränderungen der Verfassung im Wege der Gesetz- 
gebung auch dann erfolgen, wenn sie Kompetenzerweiterungen 
in sich schliessen, falls sie im Bundesrath nicht 14 Stimmen 
gegen sich haben und vorausgesetzt, dass sie nach Alinea 2 
desselben Artikels nicht Vorschriften der Reichsverfassung be- 
rühren, durch welche bestimmte Rechte einzelner Bundes- 
staaten in deren Verhältniss zur Gesammtheit festgestellt sind. 
Das Gesetz vom 3. März 1873, betreffend einen Zusatz zu dem 
Artikel4 No.9 der Reichsverfassung, hat demgemäss auch für 
das deutsche Reich Präjudiz geschaffen. . 
Aber man hat es versucht, dieser an sich zugestan- 
denen weiten Kompetenz nach zwei Richtungen hin formelle 
Schranken zu ziehn. 
Zunächst dadurch, dass man den Eingang der 
Reichsverfassung als einen die Grundlage der Verfas- 
sung bildenden Vertrag qualifizirte und damit jede Verfas- 
sungsänderung im Wege der Gesetzgebung als rechtlich un- 
statthaft behauptete, welche in die dort festgestellten ver- 
tragsmässigen Grundlagen eingreift, nämlich in die Existenz 
der einzelnen Staaten als Glieder des Bundes, in das Bestehen 
eines Bundesverhältnisses unter diesen Staaten und insbe- 
sondere in die vertragsmässigen Zwecke, für welche das Bun- 
desverhältniss geschlossen ist”!. Diese formelle Begrenzung 
steht und fällt mit der Behauptung der dispositiven Kraft des 
Einganges — eine Behauptung, welche nachgewiesener Massen 
unhaltbar ist. 
Man hat sodann die rechtliche Nothwendigkeit oder doch 
dierechtliche Zulässigkeiteiner Mitwirkung der-Einzel- 
Errichtung eines Reichsgerichtshofes als oberster Instanz zur Erhaltung der 
Einheit der Rechtssprechung eintreten, 3. bei Entwerfung der Reichsstraf- 
prozessordnung auf Erhaltung der Schwurgerichte hinwirken.‘“‘ 
7ı Bähr in den preussischen Jahrbüchern Juliheft 1871 pag. 72ff. Meyer, 
Staatsrechtliche Erörterungen pag. 56 ff. H. A. Zachariä ist den Ausfüh- 
rungen des letztern beigetreten in seiner Rezension, Göttinger gel. Anzeigen. 
1872. Stück 5. 
A. Haenel, Studien. I. 12
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.