Die einzeinen Bestimmungen der deutschen Reichsverfassung. ] 8
wenn für irgend einen, für alle Einzelstaaten zugegeben werden
müsste, so würde daraus die rechtliche Möglichkeit folgen,
die Reichsgesetzgebung zwar nicht in ihrer formellen Gültig-
keitaber ihrem thatsächlichen und dem beabsichtigten Er-
folge nach von einer Mitwirkung derEinzellegislaturen abhängig
zumachen. Eswürde damit überdies der rechtliche Widerspruch
geschaffen, der jede Vermuthung gegen sich hat, dass die nach
Reichsrecht streng verfassungsmässige und gültige Mitwirkung
der Regierung des Einzelstaates an der Gesetzgebung des
Reiches als ein Bruch der Verfassung und des Gesetzes des
Einzelstaates erachtet werden könne ”%,
Das widerspricht zweifellos dem Sinne und der Absicht
der Reichsverfassung.
74 Min. von Lutz erklärte am 29. Dez. 1870 in der 3. Sitzung des be-
sondern Ausschusses der bairischen Abgeordnetenkammer zur
Vorberathung des Verfassungsvertrages (Beilagen zu den Verh. der K. d. A.
Band IV. pag. 98 ff.): ‚‚Das innere Staatsrecht gestatte allerdings eine ge-
setzliche Regelung der Instruktion des bairischen Vertreters im Bundes-
rathe‘‘. Damit stimmten überein in den Verhandlungen der bairischen Kam-
mer über die Verfassungsverträge M. Barth, von Schlör, während gerade
die Gegner der Verfassungsannahme die Unzulässigkeit einer solchen gesetz-
lichen Instruktion auf Grund a. 2 der Verf. behaupteten (Sten. Ber. BandIV.
pag. 118. 201. 205.).. Bei den Verhandlungen über den Antrag
Schüttinger in derbair. Kammer erklärt es von Lutz als fraglich, ob
den Einzelstaaten die Befugniss zur Erlassung eines Instruktionsgesetzes zu-
steht —, ‚„‚damit aber wäre — die Legislative des Reiches lahm gelegt‘';
Dr. Völk hältes formell für zulässig, aber dem Geiste der Reichsverfaes-
sung widersprechend, Dr. Frankenburger fürschlechthin ausgeschlossen.
(Verh. der bair. K. d. A. 1871/72. Sten. Ber. Band I. pag. 114. 455 f). —
Für die Verfassungsmässigkeit landesgesetzlicher Instruktion des Bundes-
rathes noch Allgemeine Zeitung 1871 No.353, dagegen ib. No. 356,
Hauser, Verfassung des d. R. pag. 34, Seydel, Commentar pag. 269 fl.
Noch weiter geht die Auffassung der kgl. sächsischen Staatsregie-
rung. Bei Gelegenheit des Antrages Ludwig, die Auswirkung von Diä-
ten an die Reichstagsabgeordneten betreffend, bestritt sie den sächsischen
Kammern das Recht, Anträge und Wünsche, welche nach $ 113 der Verf. v.
4. Sept. 1831 zu einer Bescheidung des Königs verpflichten, über Instruktionen
der sächsischen Bundesrathsmitglieder dann zu stellen, wenn dieselben reine