186 Drittes Kapitel.
tigkeit schlechthin. J. J. Moser insbesondere sagt7%: „Aber
es gilt nicht nur dergleichen“ — jura singulorum, abgeleitet
aus der Klausel ubi status tanquam unum Corpus considerari
nequeunt — „angeben, sondern der Kaiser und die übrigen
Stände müssen ebenfalls erkennen, dass das jus singulorum
mit einschlage ; widrigen Falles verbleibet es bei der Mehrheit
der Stimmen und deren allgemeinen Verbindlichkeit ohne
einige Ausnahme.“ Und er verbindet damit offenbar den
Sinn, dass ein so starkes und so präzisirtes jus singulorum,
welches durch seinen einseitigen Widerspruch eine auch nur
materielle Unverbindlichkeit eines Reichsgesetzes begründen
könne, nach Reichsrecht nicht existirt.
Auf jeden Fall haben weder die 'Theorie noch die Praxis
des Reichsrechtes eine gesicherte Feststellung und Begrenzung
Dessen, was unter den Begriff der jura singulorum fällt, er-
geben, noch haben sie zu einer klaren und allgemeinen Aner-
kennung des Rechtssatzes geführt, dass die Rechtsverbindlich-
keit reichsständischer Beschlüsse und insbesondere der Reichs-
gesetze, denen jura singulorum entgegengestellt werden, durch
die Zustimmung des einzelnen Berechtigten bedingt ist.
Wenn die Gegenüberstellung der Ansprüche auf eine
suveräne Gesetzgebung von Kaiser und Reich und auf Unantast-
barkeit der in der Landeshoheit wesentlich oder zufällig be-
griffenen Rechte das Bedürfniss eines besondern Schutzes der
jura singulorum erzeugen mochte — ein Bedürfniss, welches
durch die itio in partes, das „Palladium reichsständischer
Libertät“ zur Genüge und im Uebermasse durch die Agonie
des Reiches gedeckt war — so musste sich die Frage anders
im deutschen Bunde stellen.
Aus dem politischen Gemeinwesen, dem die Prätension
des Staates bis zuletzt rechtlich zur Seite stand, war der lockere
Staatenbund entstanden.
Nicht nur Umfang und Grenzen der Kompetenz des Bun-
des, auch seine wesentlichen organischen Einrichtungen, die
78 Von den teutschen Reichstagsgeschäfften pag. 276.