Die einzelnen Bestimmungen der deutschen Reichsverfassung. 201
des Zollvereines in das deutsche Zoll- und Handelsgebiet auf-
genommen wurde 97.
Wie daher der Artikel 34 der Reichsverfassung ausser
Zusammenhang steht mit den Bestimmungen des Artikel 78
über Verfassungsänderungen, vielmehr ein Schutzmittel von
besonderer rechtlicher Natur für die Freihafenstellung Bre-
mens und Hamburgs bildet, so ist auch der entsprechende
Artikel der norddeutschen Verfassung schlechterdings unge-
eignet, um die Geltung einer Vorschrift, wie sie das jetzige
Alinea 2 des Artikel 78 ausdrücklich enthält, zur Zeit des
norddeutschen Bundes stillschweigend voraussetzen zu lassen.
3. Schwieriger ist die Entscheidung für Artikel 6 der
norddeutschen Verfassung, welcher die bestimmte Zahl der
Stimmen und damit der Bevollmächtigten der einzelnen
Staaten im Bundesrathe feststellte. Denn eine doppelt ver-
schiedene Auffassung konnte dem zu Grunde liegen.
Nach der einen Auffassung ist die Feststellung der Stim-
menzahl nur die Anwendung des allgemeinen Verfassungs-
grundsatzes, dass jedes Mitglied des Bundes im Bundesrathe
stimmberechtigt sein und dass dasStimmgewicht jedeseinzelnen
sich nach seiner ungefähren politischen Bedeutsamkeit für die
Gesammtheit abstufen soll — eine Abstufung, rücksichtlich der
man die Vorschriften für das Plenum des ehemaligen deutschen
Bundes gelten liess. Auch bei: dieser Auffassung muss sich
freilich das Stimmrecht der Mitglieder des Bundes individuali-
siren, aber nicht in dem Sinne eines besondern Rechtes des
einzelnen Staates, sondern in dem Sinne der folgerichtigen
Wirkung eines allen kraft der allgemeinen verfassungsmässi-
gen Bestimmung gleichmässig zustehenden Rechtes.
Die andere Auffassung lässt den angenommenen Ver-
fassungsgrundsatz nur als ein zurückliegendes, rechtlich irre-
levantes Motiv gelten und betont, dass das Stimmrecht in dem
Verfassungsartikel für jeden einzelnen Staat besonders festge-
—
97 Bekanntmachung des Bundeskanzlers vom 18. Nov. 1868. Hirth,
Annalen I. pag. 1111.