206 Drittes Kapitel.
erkennbaren Rechtes nicht war. Es fehlte an den Voraus-
setzungen ihrer Anwendbarkeit.
Betrachten wir von diesem Ergebnisse aus die Bestimmung
des Alinea 2, wie sie zuerst in der badisch-hessischen Ver-
handlung vom 15. November 1870 unter 8.) mit dem Eingange
auftrat: „ZuArtikel 78. der Verfassung wurdeall-
seitig als selbstverständlichangesehn, dass die-
jenigen Vorschriften der Verfassung u. s. w.
Hier mag denn die nicht näher begründete Voraussetzung
obgewaltet haben, dass Aehnliches bereits für die norddeutsche
Verfassung gegolten habe. Allein nichts weniger als selbst-
verständlich konnte die Absicht sein, im Verhältniss zur nord-
deutschen Verfassung einen neuen Verfassungssatz unter dem
Schein einer Interpretation einzuführen, um demselben eine
Anwendung auch auf solche Vorschriften zu verleihn, welchein
ganz gleicher Weise bereits für Norddeutschland galten und
jetzt nur eine Ausdehnung auf die süddeutschen Staaten er-
fahren sollten. Ja selbst wenn diese Absicht stattfand, so
würde die Formulirung des neuen Verfassungssatzes, über die
allein man sich einigte, den beabsichtigten Erfolg nicht erreicht
haben. Denn so wenig durch diese Formulirung bei gleich-
lautender Beibehaltung des Artikel 34 das besondere Rechts-
verhältniss der Hansestädte ein anderes wurde, so wenig
konnte durch dieselbe der Artikel 6 der deutschen Bundes-
verfassung mit seinen Vorschriften über die Stimmrechte, wie
in Rücksicht auf die norddeutsche Verfassung nachgewiesen
ist, getroffen werden.
Dem juristischen Erfolge nach und iin allem Wesentlichen
konnte die neu formulirte Klausel nur auf solche Vorschriften
bezogen werden, welche im Verhältniss zur norddeutschen
Verfassung und für die süddeutschen Staaten als besondere
in den Verfassungsverträgen hervortraten.
Das war im badisch-hessischen Vertrag die Exemtion von
der Bier- und Branntweinbesteuerung. Ihr traten im würtem-
bergischen Vertrage die Exemtionen im Post-, Telegraphen-