210 Drittes Kapitel.
dass in weiterer Folge von dem Allen die Gültigkeit
des Vertragsschlusses, der „Zustimmung des berechtigten
Bundesstaates“ bedingt sei durch die Erfüllung derjenigen
rechtlichen Voraussetzungen, welche nach Landesrecht
zur Gültigkeit eines solchen Vertragsschlusses, insbesondere
in Rücksicht auf die Zustimmung des Landtages des Einzel-
staates festgestellt sind oder festgestellt werden;
dass endlich in Rücksicht auf die durch diese Vorschrif-
ten gedeckten Sonderrechte ein vertragsmässiges Verhältniss
zwischen dem Reiche und den betroffenen Einzelstaaten ob-
walte.
Trotz des ersten Eindruckes bat diese Auffassung | eine
Vermuthung gegen sich.
Die deutsche Reichsverfassung unterwirft die Abänderung
ihrer Vorschriften überall der Kompetenz des Reiches und
bindet sie ausschliesslich an Formen, welche sich innerhalb
der Organe des Reiches vollziehen. Sollten bestimmte Rechte
einzelner Staaten der Herrschaft dieser Regel entzogen wer-
den, dann war es der allein zutreffende Ausdruck für diese
Absicht, die fraglichen Sonder-Bestimmungen als Inhalt eines
neben und ausserhalb der Verfassung stehenden Vertrages
und damit als Gegenstand nur vertragsmässiger Behandlung
zu formuliren. Das ist geschehn mit den besondern Zusiche-
rungen der Schlussprotokolle und mit der würtembergischen
Militärkonvention. Das ist nicht geschehn mit den hier in
Betracht kommenden Vorschriften. Vielmehr wurden diese
Sonderbestimmungen in die Form gesetzlicher Bestimmungen
gekleidet, indenr sie zu Vorschriften der Verfassung erhoben
wurden. Damit ist bis zum Beweise gegentheiliger Absicht
die Vermuthung berechtigt, dass auch diese Sondervorschrif-
ten unter die Regel der Verfassung fallen, dergestalt dass ihre
Anwendung auf Alinea 2 nicht ausgeschlossen, sondern nur
durch besondere Form modifizirt werden sollte.
Nehmen wir aber auch an, dass die Bezeichnung der
Sonderbestimmungen als Vorschriften der Verfassung ein Prä-
Judiz nicht schafft, so musste die gewählte Bezeichnung immer-