Die einzelnen Bestimmungen der deutschen Reichsverfassung. 2]]
hin auffordern, die Absicht einer Ausnahmestellung dieser
Vorschriften unzweideutig klar zu stellen. Es lag die geradezu
treffende Formulirung durchaus nahe: Die fraglichen Vor-
schriften „können nur im Wege des Vertrages mitdem berech-
tigten Bundesstaate abgeändert werden“. Wenn es anstatt
dessen lautet: „nur mit Zustimmung des berechtigten
Bundesstaates“, so drängt schon die blose Wortfassung
zu der Annahme, dass hierbei ein Stimmen des berechtigten
Bundesstaates in Frage steht. Und diese Annahme wird zu
einer zwingenden durch das Alinea3 des Artikel7 der Reichs-
verfassung, welches in Ansehung des Bundesrathes bestimmt:
„ Die Beschlussfassung erfolgt, vorbehaltlich der Bestimmungen
in den Artikeln 5, 37 und 78 mit einfacher Mehrheit“.
Hier ist nothwendig vorausgesetzt, dass der Artikel 78 und
zwar der ganze Artikel, einschliesslich seines Alinea 2 der
Beschlussfassung des Bundesrathes unterliegt dergestalt, dass
die besondern Bestimmungen desselben nur die Regel der ein-
fachen Stimmenmehrheit modifiziren. Die „Zustimmung des
berechtigten Bundesstaates“ kann mithin nur verstanden wer-
den von einem bejahenden Abstimmen im Bundesrathe. Denn
nur in der Form der Abstimmung erfolgt eine „Beschluss-
fassung“ desselben.
Allerdings hat man dem entgegen den Nachdruck auf die
Worte „des berechtigten Bundesstaates“ gelegt, um daran den
Schluss zu knüpfen, dass es sich nicht um die Erfordernisse
einer gültigen Beschlussfassung im Bundesrathe nach Reichs-
recht handeln könne, sondern dass die Gültigkeit der Zustim-
mung des Bundesstaates bedingt sein müsse durch das Ein-
halten der Erfordernisse derselben nach Landesverfassungs-
recht. Der Schluss ist beweiskräftig nur unter der Voraus-
setzung, dass der Einzelstaat in seiner Eigenschaft als stimm-
berechtigtes Mitglied des Bundes nicht als „Bundesstaat“
bezeichnet werden könne, sondern dass dieser Ausdruck viel-
mehr die Sonderstellung desselben vom Reiche bezeichne.
Allein diese Voraussetzung ist hinfällig. Denn das Alinea 4
des Artikels 7 bezeichnet ausdrücklich die Stimmen der Bun-
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