912 Drittes Kapitel.
desglieder im Bundesrathe als Stimmen der Bundes-
staaten.
Man hat ferner die Ziffer IV. des bairischen Schlussproto-
kolles vom 23. November 1870: „dass, wenn sich die Gesetz-
gebung des Bundes mit dem Inmobiliarversicherungswesen
befassen sollte, die vom Bunde zu erlassenden gesetzlichen
Bestimmungen in Baiern nur mit Zustimmung der bairischen
Regierung Geltung erlangen können“, herangezogen, um
darauf den andern Schluss zu stützen, dass die geforderte Zu-
stimmung der „Regierung“ einen rechtlichen Gegensatz
aufstelle zu der Zustimmung des „Bundesstaates“ nach
dem Alinea 2 des Artikel 78. Dort handele es sich um ein
ausschliessliches Recht der Krone, hier um ein Recht, dessen
Ausübung die Mitwirkung der gesetzgebenden Faktoren nach
Massgabe der Landesverfassung voraussetze. Mit demselben
Rechte würde man einen Schluss aus dieser Gegenüberstellung
im entgegengesetzten Sinne begründen können. Denn wenn
die Bestimmung des bairischen Schlussprotokolles im Ein-
gange der Ziffer IV. ausdrücklich als eine „vertragsmässige“
bezeichnet wird, Baiern hierbei also nur als vertragschliessen-
der Einzelstaat in Betracht kommt und als solcher mit „Re-
gierung“ bezeichnet wird, so wäre zu folgern, dass die Be-
zeichnung auch Baierns im Alinea 2 als „Bundesstaat“ nur auf
seine Eigenschaft als im Bundesrathe stimmberechtigtes Bun-
desglied gehn könne. Allein beiden Folgerungen ist zu ent-
gegnen, dass weder einirgendwo feststehender Sprachgebrauch
noch ein rechtlicher Gesichtspunkt zutrifft, um die gemachte
sprachliche Gegenüberstellung als einen rechtlichen Gegen-
satz zu begründen, dass insbesondere die deutsche Reichs-
verfassung „Bundesstaat“, „einzelner Staat“ und „Bundesre-
gierung“, „Regierung“ vollständig identisch braucht 103,
Entscheidend vor allen Dingen ist der Zusammenhang,
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108 RV. a. 36 al. 2. cl. a. 38 No. 3, c. a. 42. Insbesondere a. 67:
„Ersparnisse an dem Militär-Etat fallen unter keinen Umständen einer einzel-
nen Regierung, sondern jederzeit der Reichskasse zu.