Die Protokolle zu den Verfassungsverträgen. 235
strafrechtliche und prozessualische Seite dieser Bestimmungen
zweifellos der bisherigen Bundeskompetenz unterlag, so konnte
nur die staatsbürgerliche Seite derselben noch getroffen wer-
den und auch dies nur unter der Voraussetzung des Zutreffens
jener engern Interpretation.
Allein das Nämliche ist auch anzunehmen rücksichtlich
der Erläuterungen zu den Sondervorschriften der Ver-
fassung für einzelne Staaten oder zu einer gemeingültigen
Verfassungsbestimmung in ihrer Anwendung auf einen ein-
zelnen Staat!5, Denn auch hier wehrt die Fassung der Ver-
handlungen und Protokolle die Absicht ab, als ob etwas von
den Bestimmungen der Verfassung Abweichendes oder Ver-
schiedenes festgestellt werden wolle und überall leuchtet ber-
vor, dass nur das verfassungsmässig Festgestellte in seinem
wahren Sinne gegen Missdeutung geschützt und in seiner ge-
wollten Anwendung gesichert werden soll.
In beiden Fällen schufen die vertragenden Staatsregie-
rungen unter Mitwirkung der berufenen legislativen Faktoren
authentische Interpretationen einzelner Bestimmungen der
Reichsverfässung in den vertragsmässigen Formen, welche zur
Zeit allein möglich waren. Und obwohl dieselben auch später
dem Verfassungstext formell nicht eingerückt wurden, so haben
sie doch der Absicht der Vertragschliessenden gemäss die
nämliche Kraft und Wirkung, die dem erläuterten Text der
Verfassung selbst zukommt. Sie gelten als festgestellter In-
halt dieses Textes, nicht als etwas von ihm Verschiedenes.
Sie begründen nicht vertragsmässige Rechte und Pflichten der
kontrahirenden Einzelstaaten als solcher, sondern verfassungs-
gesetzliche aller oder einzelner Bundesglieder. Die Abände-
rung dieser authentischen Interpretationen ist gebunden an
‚die nämlichen Formen, in welchen die Abänderung des erläu-
terten Verfassungstextes verfassungsmässig erfolgt, an die
Formen des Alinea 1 des Artikel 78 der Reichsverfassung für
alle gemeingültigen und überdies an das Erforderniss des
158. oben unter I, 2 und 3.