236 Viertes Kapitel.
Alinea 2 für alle Sonder-Vorschriften. Eine materielle Ver-
letzung des Inhaltes dieser erläuternden Vereinbarungen oder
eine Hintansetzung der verfassungsmässigen Formen ihrer
Abänderung ist nicht ein Vertragsbruch d. h. ein Unrecht,
dessen Aufhebung von dem Verletzten vertragsmässig verlangt
werden kann, sondern eine Verletzung der Verfassung d.h.
von Rechtswegen nichtig.
Einen durchaus hiervon verschiedenen rechtlichen Cha-
rakter tragen die übrigen Vereinbarungen der Verhandlungen
und Protokolle (unter II. und III.) an sich.
2. Es bedarf keines Nachweises, dass die Bestimmungen
über das bairische Festungswesen nicht nur ihrem
Entstehungsgrunde, sondern auch ihrer dauernden rechtlichen
Natur nach vertragsmässige sind. Hier steht das Reich mit
seinen Hoheitsrechten nur gleichberechtigt dem an diesen
Punkten in seinen Hoheitsrechten unbeschränkten Staate Baiern
gegenüber. Jede Abänderung dieser Bestimmungen kann nur
im Wege des Vertrages und ein Verzicht seitens Baierns auf
diese vertragsmässige Regelung gegenüber dem Reiche nur
im Wege der Abänderung der Reichsverfassung erfolgen.
Denn es würde sich in diesem letztern Falle um eine Ausdeh-
nung der gesetzgeberischen Kompetenz und der Militärhoheit
‚des Reiches auf ihm bisher nicht zugestandene Gebiete han-
deln, welche durch die Erfordernisse des Alinea 1 und zugleich
des Alinea 2 des Artikel 78 der Reichsverfassung bedingt ist.
3. Rein vertragsmässig sindauch die Zusicherungen,
welche einzelnen süddeutschen Staaten iin den
Verhandlungen und Protokollen gemacht wor-
den sind. Sie stehen nicht nur ausserhalb der Verfassung,
sondern sie modifiziren, ja sie setzen einzelne gemeingültige
Bestimmungen der Verfassung für die betreffenden Staaten
geradezu ausser Anwendung.
Allerdings hat man diese Zusicherungen identifizirt mit
den Sondervorschriften des Alinea 2 des Artikel 78 der Reichs-
verfassung. Denn es liegt nahe, dass Verhandlungen, in
welchen diese Zusicherungen in Betracht kommen, nicht von