Allgemeine Erörterungen. 41
Erscheinung der Begriff abgezogen worden ist, weist Organe
des Wollens und Handelns auf, innerhalb deren für einen be-
stimmten Kompetenzkreis die Willensbildung sich nicht in der
Form des vertragschliessenden Beliebens einzelner Staaten,
der vertragsmässigen Zusammensetzung der Einzelwillen, son-
dern sich vollzieht in der Form von Majoritätsbeschlüssen —
der Majoritätsbeschlüsse des Kongresses, der Tagessatzung,
der Bundesversammlung. Insofern und insoweit einer solchen
Willensbildung die Anerkennung der Rechtsverbindlichkeit
gezollt wird und von Rechtswegen gezollt werden muss, inso-
fern und insoweit hat auch eine von den einzelnen Staaten
verschiedene Gesammtheit rechtliche Anerkennung gefunden.
So stellt nach der Wiener Schluss-Akte von 1820 — Artikel
7 und 10 — die Bundesversammlung, aus den Bevollmäch-
tigten 'sämmtlicher Bundesglieder gebildet, den Bund in seiner
„Gesammtheit“ dar und durch die verfassungsmässigen Be-
schlüsse derselben wird der „Gesammtwille des Bundes“ aus-
gesprochen.
In der That unterscheidet sich erst hierdurch der Staaten-
bund auch von einer dauernden Staatsallianz oder von einem
lediglich vertragsmässigen Gesellschaftsverhältnisse. Ohne
diese Unterscheidung würden wir genöthigt sein den deut-
schen Zollverein mit dem deutschen Bunde, die schweizer
Eidgenossenschaft von 1798, die es niemals zur Anerkennung
des Majoritätsprinzipes auf ihren Tagessatzungen brachte, mit
der Eidgenossenschaft von 1815 juristisch auf ganz gleiche
Linie zu stellen.
Auch im Staatenbunde stehen die der Gemeinschaft im
verschiedensten Umfange eingeräumten Kompetenzen nicht
der Summe der Einzelstaaten als solcher, sondern der Ge-
sammtheit als solcher zu. Die Wiener Schlussakte schreibt
ausdrücklich die einschlagenden Befugnisse der „Gesammt-
heit“ zu; die Konfederationsartikel delegiren die Gewalten
nicht den united states, sondern überall nur den united
statesincongressassembled; derschweizer Bundes-
vertrag von 1815, obgleich in seiner Ausdrucksweise den