Allgemeine Erörterungen. 51
Diese Erscheinung der staatsrechtlichen Potenz im Bun-
desstaate und damit die Richtigkeit der Fragstellung wird und
muss von denjenigen geleugnet werden, welche die Lehren
Calhoun’s auf deutschen Boden verpflanzen, und damit sämmt-
liche der Reichsverfassung entspringende Rechtsverhältnisse
in vertragsmässige Verhältnisse der einzelnen Staaten zu ein-
ander auflösen.
* Wir präzisiren die Sätze, von denen sie ausgehen und
stellen ihnen die Bestimmungen der deutschen Reichsverfas-
sung gegenüber.
Hieraus ergiebt sich der folgende status causae et contro-
versiae.
1. „Die einzelnen Staaten sind der Bund #5.“ Nur
ihnen, als vertragsmässig verbündeten Regierungen, gebührt
die gemeinsame Ausübung gewisser Hoheitsrechte zu der sie
sich verbanden. — Dem gegenüber schreibt die deutsche Reichs-
verfassung die Kompetenzen, die Rechte und Pflichten aus-
nahmslos und schlechthin dem Reiche und nicht den ver-
bündeten Regierungen zu, in dem Masse, dass die Kriegsma-
rine und die Landmacht des Reiches, die Handelsmarine und
das Zoll- und Handelsgebiet als einheitliche bezeichnet wer-
den. Sie kennt ein aus den einzelnen Staaten bestehendes
Bundesgebiet, ein ganzes Deutschland, sogar ein „gesammtes
Gebiet des deutschen Reiches“ für welches das Postwesen und
das Telegraphenwesen als „einheitliche Staatsver-
kehrsanstalten“ eingerichtet und verwaltet werden #, Sie
spricht von Rechten einzelner Bundesstaaten in deren Verhält-
niss zur Gesammtheit?.
2. Die Hoheitsrechte stehen dem Reiche nicht zu eigenem
Rechte zu, sondern nur in der Weise rechtlicher Ableitung
und Ausübung. Zu eigenem Rechte bleiben auch die dem
Reiche übertragenen Hoheitsrechte den einzelnen Suveränen,
35 Seydel, Commentar, pag. 25, 208. Zeitschrift für Staatswissen-
schaft Band 28, pag. 229. 230. 240.
6R.V.a.48.
R.V.a. 78al. 2