Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Erster Band. Die vertragsmäßigen Elemente der Deutschen Reichsverfassung. (1)

Allgemeine Erörterungen 63 
tes entweder im Gesammtstaate oder in jedem Einzelstaate 
wiederzufinden. Der Bundesstaat ist entweder ein falscher 
Ausdruck für den Einheitsstaat, dann sind die Einzelstaaten 
nicht Staaten. Oder wenn er dies nicht sein soll und sein 
kann, dann ist der Gesammtstaat kein Staat, sondern nur die 
Einzelstaaten sind Staaten und der Bundesstaat ist, wie der 
Staatenbund, nur eine durch die Vertragsfreiheit eigenthüm- 
lich modifizirte, vertragsmässige Einigung mehrerer suve- 
räner Staaten. | 
Allein die scheinbar scharfe und unabweisliche Alterna- 
tive erschöpft die Fragstellung nicht. Es bleibt für eine Auf- 
fassung Raum, welche den Begriff des Staates mit seinen noth- 
wendigen Attributen weder in dem einen noch in dem andern 
Gemeinwesen noch gleichzeitig in beiden, in ihrer Sonder- 
stellung betrachtet, sucht und findet, sondern nurin dem orga- 
nischen Miteinander und in dem planmässigen Zusammenwir- 
ken beider. Nicht der Einzelstaat, nicht der Gesammtstaat 
sind Staaten schlechthin, sie sind nur nach der Weise von 
Staaten organisirte und handelnde politische Gemeinwesen. 
Staat schlechthin istnur der Bundesstaat als die Totalität beider. 
In der That — das Problem des Bundesstaates liegt 
nicht in der Entscheidung der aufgestellten Alternative. Es. 
liegt für die praktische Politik gleichmässig wie fürdie wissen- 
schaftliche Konstruktion in der Frage, ob jene Einheit in der 
Vielheit, welche, weil die über die mögliche Auffassung des. 
Staates als organischen Ganzen entscheidende Voraussetzung, 
die oberste Voraussetzung für jedes fernere wesentliche Be-- 
griffismerkmal desselben ist, für das Verhältniss des Gesammt- 
staates zu den. Einzelstaaten aufgewiesen werden kann; ob- 
damit im Bundesstaate die geforderte organische Totalität zur- 
Erscheinung kommt. 
‚Die Einheit des Staates ist am Fassbarsten und zugleich 
am Rohesten dargestellt in der absoluten Monarchie, wenn ein 
individueller Wille Verfassung und Gesetz, Verordnung und 
Verfügung erzeugt, wenn die Verwaltung des Staates tiber den. 
Dienern und Bevollmächtigten des Monarchen zu den orga-
	        
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