Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Erster Band. Die vertragsmäßigen Elemente der Deutschen Reichsverfassung. (1)

64 Erstes Kapitel. 
nischen Erscheinungen des Amtes und der Selbstverwaltung 
noch nicht durchgedrungen ist. Die Einheit des Staates ist 
um so ideeller oder, sagen wir, abstrakter und das Produkt 
eines um so verwickelteren Prozesses, je mehr wir uns dem 
modernen Rechtsstaat nähern. Der Wille des Staates festigt 
sich in seinen obersten, allgemeinen und grundsätzlichen Be- 
stimmungen zu Verfassung und Gesetz, welche den Suverän 
selbst binden; an der Bildung dieses Willens werden die An- 
gehörigen des Staates in manigfachen Gliederungen und in 
verschiedenen Formen betheiligt; die Verwaltung tritt aus- 
einander in eine durch- und übereinander geschichtete Menge 
von Beamten- und Selbstverwaltungskörpern, denen das 
Gesetz feste Kompetenzen anweist und die damit in mehr oder 
minder umfassender Weise zu einem selbständigen Wollen 
und Handeln berechtigt werden. Aber allerdings alle diese 
Instanzen des staatlichen Wollens und Handelns werden am 
letzten Ende auf einen einheitlichen Mittelpunkt bezogen, in- 
dem Alles was im Namen des Staates geschieht, geschieht 
unter der Sanktion, unter dem Befehle oder unter der Ermäch- 
tigung des Suveränes, mag dieser der Monarch oder das Volk 
selbst in solcher Ordnung sein, welche dasselbe zur Erzeugung 
eines einheitlichen Willens befähigt. 
Der Bundesstaat steht hiervon noch weit ab. 
Er vermeidet nicht nur nicht das komplizirte Räderwerk, 
er verdoppelt und vervielfältigt es in dem Nebeneinander des 
Gesammtstaates und der Einzelstaaten. Er will die Selb- 
ständigkeit der Einzelstaaten bis zu dem Grade bewahren, 
dass sie für die ihnen obliegenden staatlichen Aufgaben nicht 
nur die Selbständigkeit der Verwaltung, sondern aüch die der 
Gesetzgebung, der letzten Sanktion und Ermächtigung bei- 
behalten. Hier muss die geforderte Einheit, wenn sie über- 
haupt gefunden werden kann, in äusserster Steigerung ein 
ideelles oder abstraktes Gepräge an sich tragen. Die zu- 
sammenfassende, einigende Kraft wird, um den Ausdruck zu 
gebrauchen, eine latente sein, die sich zur Aktualität nur um- 
setzt, wenn es gilt, eine Störung des organischen Zusammen-
	        
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