Die Entstehung des deutschen Reiches. 75
Schlussabstimmung vom 16. April 1867 ihre Feststellung
empfangen hatten, welche tief eingreifende Abänderungen des
Regierungsentwurfes aufwies, da unterlag es der pflichtmäs-
sigen Prüfung der einzelnen Regierungen, ob sie dem so ge-
stalteten Verfassungsentwurfe die Anerkennung zollen konnten
und mussten, dass derselbe in der Folgerichtigkeit derjenigen
Rechte. und Verbindlichkeiten läge, welche ihnen durch das
Augustbündniss erwachsen waren oder ob sie diese Anerken-
nung innerhalb ihrer vertragsmässigen Rechte und Pflichten
verweigern konnten und wollten. Auf Grund nicht einer
freien und willkürlichen, sondern auf Grund einer vertrags-
mässig gebundenen und begrenzten Prüfung, haben die Be-
vollmächtigten der verbündeten Regierungen noch am 16. April
1867 den vom Reichstage beschlossenen Verfassungsentwurf
einstimmig, ohne Vorbehalte, Voraussetzungen und einseitige
Auslegungen, wie sie dereinst dem Regierungsentwürfe von
einzelnen Regierungen entgegengestellt waren, angenommen,
in dem Sinne also angenommen, in welchem die verbündeten
Regierungen einerseits und der Reichstag andererseits über-
einstimmten.
Hiernach verblieb den einzelnen norddeutschen Regie-
rungen aus’dem Augustbündnisse nur noch die Verpflichtung,
die Bedingung der Rechtsgültigkeit der Bundesverfassung zu
verwirklichen, welche in der verfassungsmässigen Mitwirkung
der Einzellegislaturen bestand.
Es ist unriehtig dieser Mitwirkung die rechtliche Ent-
stehung des Bundes selbst und die rechtliche Gültigkeit der
Verfassung als solcher zuzuschreiben. °
Auch die Landesvertretungen standen der mit dem Reichs-
tage vereinbarten Verfassung nicht frei und ungebunden
gegenüber.
Sie hatten das volle Recht die Rechtsverbindlichkeit des
Augustbündnisses mit seinen vorgesehenen, in den Bestand
jedes Einzelstaates tief eingreifenden Wirkungen zu prüfen.
Aber die Rechtsverbindlichkeit desselben anerkannt — und
diese Anerkennung wurde von den Landesvertretungen ent-