Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

15] $ 2. Die Terminologie und die Streitfrage. 111 
Allein in der Wissenschaft des öffentlichen Rechtes hat 
nun einmal jeder Schriftsteller das angeborene Recht, sich die 
Terminologie auf eigene Faust, nach seinem Belieben und nach 
dem Bedarf seiner dogmatischen Konstruktionen zu bilden. 
Es ist vollkommen werthlos darüber zu streiten. Aber eben 
darum kann es immer nur darauf ankommen, die Termino- 
logie auf ihren sachlichen Gehalt zurückzuführen und die 
Richtigkeit dieses zu prüfen. 
2. Nichts fernerhin, schlechterdings Nichts hat die Streit- 
frage zu thun mit dem Unterschiede von Form und In- 
halt. Es ist dies eine allgemeine Kategorie, die nach der 
gegebenen Verfassung unseres Denkvermögens auch auf das 
Gesetz Anwendung findet. Nothwendig hat jedes Gesetz Form 
und Inhalt. Man kann von den formellen und materiellen 
Merkmalen desselben sprechen; man kann dasselbe in einer 
abstrakten Betrachtung von der einen oder andern Seite 
ansehn. Aber eine reale Erscheinung ist undenkbar, welche 
die eine Seite ohne die andere aufwiese. Der Gedanke eines 
rein formellen Gesetzes im Sinne reiner Form ohne Inhalt 
wäre Widersinn. Aber nicht minder wunderlich ist es, wenn 
Seligmann — Begriff des Gesetzes pag. 15 — den Vorwurf 
der Folgewidrigkeit gegen von Martitz erhebt, weil dieser 
den Unterschied von Form und Inhalt zwar zugesteht, aber 
trotzdem leugnet, dass ein Gesetz einen andern Inhalt als den 
eines Rechtssatzes haben könne. Als ob die Leugnung eines 
bestimmten Inhaltes, als mit einer bestimmten Form in Wi- 
derspruch stehend, die Leugnung von Form und Inhalt sel- 
ber wäre. 
3. In einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Un- 
terschied von Form und Inhalt steht der Unterschied von 
formeller und materieller Gesetzeskraft. 
Unter formeller Gesetzeskraft versteht Laband die- 
jenige rechtliche Kraft d. h. diejenigen rechtlichen Wirkun- 
gen, die durch die Form des Gesetzes unangesehn seines In- 
haltes bedingt sind. 
Die materielle Gesetzeskraft dagegen begreift die-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.