Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

112 $ 2. Die Terminologie und die Streitfrage. [ 16 
jenige Kraft d. h. diejenigen rechtlichen Wirkungen, die durch 
den Inhalt des Gesetzes bedingt sind. 
Diese Unterscheidung ist insbesondere für das konsti- 
tutionelle Gesetz der Sache nach zweifellos begründet. 
Das konstitutionelle Gesetz ist einestheils eine rechtlich 
nothwendige Form d. h. sie kann grundsätzlich da, wo die 
rechtlichen Voraussetzungen ihrer Anwendung zutreffen, durch 
keine andere Form ersetzt werden. Sie ist anderntheils eine 
Form, die verfassungsmässig durch ein bestimmtes Zusammenwir- 
ken mehrerer Faktoren des Staates gebildet wird. Daraus 
fliesst mit logischer Nothwendigkeit eine doppelte Rechtsfolge: 
Einmal: die Gültigkeit und Rechtsverbindlichkeit eines 
Gesetzes ist ganz unangesehn seines Inhaltes durch die Ein- 
haltung der verfassungsmässig vorgeschriebenen Formen be- 
dingt; sie tritt aber auch mit Einhaltung derselben ein. 
Sodann: Das, was einmal als Gesetz durch das verfas- 
sungsmässige Zusammenwirken der konstitutionellen Faktoren 
geschaffen worden ist, kann wiederum ganz unangesehn seines 
Inhaltes nicht einseitig von Einem dieser Faktoren widerrufen 
d. h. abgeändert oder aufgehoben werden. 
Allerdings gelten diese Folgerungen nur soweit als das 
positive Recht sie anerkennt. Und nicht immer bekennt sich 
dasselbe zu ihnen. 
So kann es geschehn, dass trotz der rechtlichen Noth- 
wendigkeit der Form in allen ihren einzelnen Bestandtheilen 
zur „Rechtsgültigkeit“ des Gesetzes, doch die „Rechtsverbind- 
lichkeit“ desselben nur an ein einzelnes Merkmal geknüpft ist 
z. B. nach preussischem Rechte — Verfassung a 106 — an 
die gesetzliche Publikationsform. 
So kann die Abänderbarkeit bestehender Gesetze nur 
durch den Einen Faktor der Gesetzgebung unter gewissen 
Voraussetzungen sei es durch Ermächtigung der Verfassung 
— bei den sog. Nothgesetzen — sei es durch Spezialgesetze 
— z. B. nach $ 16 der Reichsgewerbeordnung — zugelassen 
sein, wenn dies auch nur provisorisch und unter Vorbehalt 
späterer Einwirkung des andern Faktors zu geschehn pflegt.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.