Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

21] $ 3. Der Begriff des Rechtssatzes. 117 
oder Begründung objektiven Rechtes. Rechtssatz ist immer 
Aussage über objektives Recht, sei es, dass diese Aussage 
lediglich ein Urtheil enthält — theoretischer Rechtssatz —, 
sei es, dass sie den Inhalt einer rechtsverbindlichen Willens- 
bestimmung angiebt — praktischer Rechtssatz. 
Es widerspricht schlechterdings dem feststehenden Sprach- 
gebrauche Das, was das subjektive Recht bewirkt, setzt oder 
was als subjektives Recht festgestellt, gesetzt wird, einen 
Rechtssatz zu nennen. » 
Obgleich auch die Wirkungen der subjektiven Rechte, wie 
die des objektiven Rechtes darin bestehn, dass sie Anderen 
etwas gebieten oder verbieten, oder eine Berechtigung oder 
Ermächtigung gewähren, so bezeichnen wir diese subjektiv- 
rechtlichen Gebote, Verbote, Rechtsgewährungen, Ermächti- 
gungen doch nicht als Rechtssätze. Das Wort Rechtssatz 
bleibt uns auch hier in seiner charakteristischen Beziehung 
auf objektives Recht treu, während uns die Bezeichnungen 
„Recht“, „Gesetz“, „rechtliche Norm“ in ihrer Weite verlassen. 
Wir scheuen uns nicht zu sagen, dass das Testament, eine 
Bevollmächtigung, ein Gesellschaftsvertrag Recht, Gesetz, recht- 
liche Norm für die Betheiligten sei. Aber es widerspricht un- 
serm Sprachgefühl zu sagen, das Testament oder eine „lex 
contractus“ enthalte oder bilde einen „Rechtssatz“. 
Noch viel weniger nennen wir die Feststellung, die An- 
erkennung eines subjektiven Rechtes Rechtssatz. Insbesondere 
wenden wir dieses Wort auf ein Urtheil, als die autoritative, 
befehlende Aussage über das Bestehn oder Nichtbestehn eines 
subjektiven Rechtes, niemals an. Wir haben dafür das voll- 
kommen ausgeprägte Wort Rechtsspruch. 
Erst jetzt hat es Laband versucht, den Rechtsspruch 
unter die Bezeichnung Rechtssatz zu beugen. Er sagt — 
Staatsrecht, 2. Aufl, I, pag. 675 — wörtlich: 
„Das Wesen der Gesetzgebung besteht in der verbind- 
lichen Anordnung einer Rechtsregel, also in der Aufstellung 
eines abstrakten Rechtssatzes; das Wesen der Rechts- 
sprechung besteht in der verbindlichen Feststellung eines kon-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.