29] & 4. Die Theorie G. Meyer’s. 125
In diesen Gegenüberstellungen und Begrifisbestimmungen
findet G. Meyer den entscheidenden Massstab für die Ab-
grenzung der konstitutionellen Gesetzgebung. Er schreibt dem
Grundsatze Geltung zu, dass überall da, wo die Verfassungen
die Mitwirkung der Volksvertretung zum „Gesetz“, zur „Ge-
setzgebung“ schlechthin und ohne nähere verengernde oder
erweiternde Bestimmungen vorschreiben, sich dies nur bezieht
auf allgemeine Rechtsvorschriften, also auf Rechtssätze, auf
materielle Gesetze in diesem seinen Sinn. Der Erlass von
„Verfügungen“ in den von ihm definirten Sinne dagegen steht
regelmässig, soweit die Verfassungen nicht Ausnahmen an-
ordnen, den Regierungsorganen ohne ein Mitwirkungsrecht der
Volksvertretung zu. — ib. pag. 25. 26. —.
Die Begründung seiner Ansicht stützt G. Meyer in ent-
scheidender Weise auf den Sprachgebrauch. Er behauptet,
dass es hergebracht sei, unter Gesetz nur das allgemeine
Gesetz zu verstehn. Eine Reihe von Citaten — ib. pag. 19 fl.
— aus civilistischen und publizistischen Schriften sollen dies
belegen. Aber sie erbringen den erforderlichen Beweis in
keiner Weise.
Vollkommen werthlos bleibt ein Citat, wie das aus Hä-
berlin’s, Handbuch des deutschen Staatsrechtes II $ 221;
dieser bezeugt, dass Vorschriften nur für einzelne Bürger im
Kanzleistil „Befehl“, „Mandat“ heissen und nicht wie die für
alle Unterthanen verbindlichen und darum gehörig bekannt
gemachten Vorschriften den Namen „Gesetz“, „Generalmandat“,
„Landesordnung“ u. s. w. führen. Allein derselbe Häberlin
an demselben Orte — II, $ 228 — betrachtet alle Privilegien
als Ausflüsse der gesetzgebenden Gewalt und bezeichnet
das Recht des Regenten, die von den Dispensationen unter-
schiedenen Privilegien praeter legem zu ertheilen, als das
Recht „Gesetze zu ertheilen“.
Ebenso beweisen die Berufungen G. Meyer’s auf Puchta,
Zachariä, von Rönne nur, dass diese im Anschluss an die
bekannten Aussprüche der römischen Rechtsquellen: „Ex his
quae forte uno aliquo casu accidere possunt, jura non consti-