14 Die Verfassungsentwürfe und die Verfassungen.
sation, welche die Verfassungsentwürfe aufstellten, so gab es
selbstverständlich keinen Platz für einen Bundeskanzler als
einen besondern Beamten des Bundes; er war und blieb aus-
schliesslich preussischer Beamter; er präsidirte als preussischer
Bevollmächtigter dem Bundesrathe genau in derselben Weise,
in welcher seiner Zeit der östreichische Gesandte in Frank-
furt der Präsident der deutschen Bundesversammlung ge-
wesen war.
Es war bei dieser Gestaltung der Bundesverhältnisse nicht
minder selbstverständlich, dass es eine Regelung der kon-
stitutionellen Verantwortlichkeitsverhältnisse von Bundes wegen
nicht gab und nicht geben konnte. Für die Beschlüsse des
Bundesrathes, des einzigen nicht blos legislativen Organes des
Bundes, stand eine Verantwortlichkeit nur in dem Sinne in
Frage, dass die einzelnen Regierungen für die Instruirung
ihrer Stimmen im Bundesrath nach Massgabe und auf dem
Boden der partikulären Verfassungen einzustehen hatten. Aber
auch eine Verantwortlichkeit für die Vollziehung, welche
Preussen kraft seines hegemonischen Rechtes im Interesse des
Bundes ausübte, konnte nur innerhalb Preussens nach den
preussischen Grundsätzen der Ministerverantwortlichkeit ge-
funden werden.
In den allgemeinen Erörterungen des konstituirenden
Reichstages über den Regierungsentwurf, sowohl in der Gene-
raldebatte über die Vorlage im Ganzen (9. 11. 12. und 13.
März 1867) als in der Generaldebatte über die Abschnitte
III, IV. V. (23. März) ist der eigenthümliche Charakter der
entworfenen Bundesverfassung mit voller Schärfe nicht hervor-
getreten. Der Entwurf selbst gab dazu die Veranlassung. Die
Künstlichkeit und Zwiespältigkeit der Konstruktion, die die
politische Thätigkeit des Bundes zwischen eigene Organe dieses
Bundes und einen Einzelstaat vertheilte, musste das Ver-
ständniss erschweren. Die Berufung Preussens zu einem
„Bundespräsidium“, welches den Bund vertritt und in seinem
Namen handelt, die Bestellung von „Bundesbeamten“, welche
für den Bund zu vereidigen sind, die Einrichtung einheitlicher