Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

57] $ 6. Die Form der gesetzgeberischen Willensbildung. 153 
als staatliche Willensbildung in „Übereinstimmung“, in „Ge- 
meinschaft“ der konstitutionellen Organe; sie ist nur „Geneh- 
migung“ oder „Zustimmung“, welche, als Bedingung ihrer 
Gültigkeit, solchen Staatsakten hinzutritt, deren Vornahme 
dem Kaiser oder König verfassungsmässig als selbständiges 
und ungetheiltes Recht zusteht. 
Und ganz das Nämliche besagen auch andere Klauseln 
dieser Verfassungen. 
Ich verliere keine Worte über ganz abliegende Erscheinun- 
gen, über die Rechnungsdecharge der gesetzgebenden Körper- 
schaften, die Nichts zu thun hat mit der französisch-belgi- 
schen loi des comptes, über die Beschlussfassung der ver- 
einigten preussischen Kammern rücksichtlich der Nothwendigkeit 
einer Regentschaft, über die Genehmigung der Volksvertretung 
zu Anklagen und Verhaftungen ihrer Mitglieder, über den er- 
forderlichen Antrag der anklagenden Kammer bei Begnadigung 
verurtheilter Minister. Aber auch wenn zur Vertagung der 
Volksvertretung in bestimmten Fällen — Preussische Verf. 
a 52, Reichsverf. a26 —, oder wenn zur Annahme einer 
fremden Krone von Seiten des Königs — Preuss. Verf. a 55 
— die Zustimmung des Reichstages, beider Häuser des Land- 
tages erforderlich ist, so ist hierbei von einer „Form des Ge- 
setzes“ keine Rede. Allerdings und zweifellos — der Gesetz- 
geber hätte den nämlichen thatsächlichen Erfolg auch auf 
andere Weise erreichen können. Er hätte z. B. die Vertagung 
der Volksvertretung in den bestimmten Fällen, die Begna- 
digung verurtheilter Minister, die Annahme fremder Kronen 
an ein Gesetz binden können. Aber er hätte dies nur thun 
können unter voller Umkehr der rechtlichen Grundlage. 
Er hätte dann nicht, wie jetzt, diese Akte der königlichen 
Gewalt kraft verfassungsmässiger Kompetenz zuschreiben kön- 
nen, deren Ausübung nur unter bestimmten Vorausssetzungen 
einer hinzutretenden Zustimmung der Volksvertretung bedarf. 
Er hätte dann vielmehr den König als zu diesen Akten ver- 
fassungsmässig nicht kompetent und der gesetzlichen Ermäch- 
tigung von Fall zu Fall bedürftig erklären müssen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.