16 Die Verfassungsentwürfe und die Verfassungen.
fellos zwischen dem Charakter des Regierungsentwurfes und
den bundesstaatlich-konstitutionellen Auffassungen bestand.
Aber am letzten Ende musste der Reichstag doch auf den
Punkt treffen, der Klarstellung und Entscheidung gebieterisch
forderte.
Es widerspricht schlechterdings der Natur jeder Volks-
vertretung, sich in der Aufgabe einer Mitwirkung bei der
Gesetzgebung zu isoliren. Das hat sie in keiner Phase ihrer
historischen Entwickelung geduldet, weder in der ständischen
Form, noch da, wo sie auf eine berathende Stimme zurück-
geführt war. Sie muss nothwendig, in irgend welchem Um-
fange, auf eine bestimmte Einwirkung auch auf die vollziehende
Gewalt hindrängen. In schmalster Begrenzung wird sie eine
Ueberwachung der Verfassungsmässigkeit und Gesetzmässigkeit
der Vollziehung, damit aber zugleich eine Verantwortlichkeit
der vollziehenden Organe ihr selber gegenüber beanspruchen,
mag diese Verantwortlichkeit in festeren oder leiseren Formen,
mit stärkeren oder schwächeren Mitteln geltend gemacht werden.
Der Regierungsentwurf verurtheilte den Reichstag zu jener
isolirten Stellung. Denn soweit die vollziehende Gewalt den Be-
schlüssen des Bundesrathes anheimgegeben war, trat der Reichs-
tag einem seiner Natur nach unverantwortlichen Kollegium
gegenüber, soweit die Vollziehung dem preussischen Staate
zustand, blieb jener ohne jede Berührung mit den ausserhalb
der Bundesorganisation stehenden Organen der Vollziehung.
Gegen diese, im Entwurfe hervortretende Unverantwort-
lichkeit richtete sich eine Reihe von Verbesserungsanträgen im
konstituirenden Reichstage.
Selbstverständlich war es, dass diejenigen Anträge, die
weitab vom Entwurfe, eine selbständige vollziehende Gewalt
des Bundes zu ausdrücklicher verfassungsmässiger Formulirung
bringen wollten, wie die Anträge Ausfeld und Erxleben
(Drucks. Nr. 23 u. 36), damit zugleich die Organisation eines
verantwortlichen Bundesministerium verbanden.
Viel näher dem Entwurfe, ja auf seinem Grund und Boden
stehend, erschienen die Anträge Lasker und von Bennigsen,