69] $ 7. Die Form des Gesetzes selbst. 165
nen, Grundsätze, Folgerungen, Eintheilungen unserer Gesetze
in ihrer Vereinzelung, aus dem Zusammenhang der Ge-
sammtdarstellung und des gesetzgeberischen Gedankenganges
herausgerissen, die nämliche Form aufweisen, wie eine wissen-
schaftliche Darstellung. Aber darum fallen sie in ihren Zu-
sammenhang gerückt in keiner Weise aus dem Rahmen der
Gesetzesform heraus. Alle solche einzelne Klauseln werden
beherrscht und gedeckt von der zusammenfassenden Formel
des Gesetzes: „Wir verordnen und verkünden rechtsverbind-
lich für Jedermann, den es angeht.“ Sie sind integrirende Be-
standtheile dieser Form. Denn sie sind nichts Anderes als De-
terminationen, nähere Bestimmungen dessen, was der Gesetz-
geber will und befiehlt, verordnet und rechtsverbindlich verkündet.
Voreilig und unvorsichtig ist es darum, ja es widerspricht
den fundamentalsten Regeln der Auslegung, es öffnet der Will-
kür Thür und Thor, wenn lediglich aus der Fassung des ein-
zelnen Satzes, der in seiner Isolirung gleichlautend sich in
einem Lehrbuch wiederfinden kann, der Schluss gezogen wird,
dass derselbe auch nur die Absicht eines Lehrbuches habe,
dass er eine gesetzliche Anordnung nicht sei, dass er, wenn
auch Bestandtheil der Form des Gesetzes, doch rechtlich ir-
relevant, insbesondere also ein Rechtssatz nicht sei. Und
doch ist diese Schlussfolgerung in dem unwiderstehlichen
Drang, die Erscheinungen von Gesetzen im formellen Sinne
und ohne Rechtsinhalt in möglichster Fülle aufzuweisen, über-
all zu Tage getreten.
Laband — zur Lehre vom Budgetrecht, Archiv für öffent-
liches Recht I, 181 ff. — hat Seidler, der es bezweifelt, dass
sich „Erklärungen, welche überhaupt keine Willensentschlies-
sungen sind, in der Form des Gesetzes wiederfinden“, in schar-
fer Polemik gleich auf den ersten Paragraphen der Einleitung
„seines“ Östreichischen allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches
verwiesen. Derselbe enthält die bekannte Definition: „Der
Inbegriff der Gesetze, wodurch die Privatrechte und Pflichten
der Einwohner des Staates unter sich bestimmt werden, macht
das bürgerliche Recht in demselben aus.“ Was wird hier an-