99] S 9. Der Begriff der Verwaltung. 195
für den Lebensplan des Individuum massgebend sind. 6e-
bletend, verbietend, ermächtigend sind denn
auch die regulativen Bestimmungen, welche die 6e-
setzgebung des Staates darstellen und welche die
Bedingungen ausmachen, unter denen allein die Fülle
des Wollens und Handelns des Staates, als der Ord-
nung der menschlichen Gesellschaft zu einem Ge-
sammtplan, theoretisch gedacht und praktisch ver-
wirklicht werden kann.
2. Mit dem Begriffe der regulativen Willensbestimmungen
ist der korrespondirende Begriff der Ausführungshandlun-
gen gegeben. Ihr oberstes Merkmal ist das der Abhängig-
keit, der Gebundenheit. Nur diejenigen Willensentschliessun-
gen, Verrichtungen und Verhaltungen, welche durch eine über-
geordnete Bestimmung an- oder eingeordnet sind, fallen
dem Bereich der Ausführung anheim. Aber wie die regula-
tiven Willensbestimmungen theils Gebote oder Verbote theils
Ermächtigungen darstellen, so sind Ausführungshandlungen
nicht nur diejenigen, welche auf Grund der logischen Sub-
sumtion des einzelnen Willensaktes unter eine allgemeine oder
individualisirte Regel, sondern auch diejenigen, welche in re-
lativ freier Willenssetzung innerhalb vorgezeichneter Grenzen
und in einer durch Zwecksetzungen bestimmten Richtung be-
werkstelligt werden.
3. Mit dem Allen ist für den Unterschied der Ge-
setzgebung und Vollziehung des Staates nur die oberste
Anschauung gewonnen, die aus der Analogie der individuellen
psychologischen Vorgänge abgeleitet werden kann. Aber es
ist selbstverständlich, dass diese oberste Anschauung, ange-
wandt auf die eigenthümliche Erscheinung des Staates, auch
in eigenthümlicher Weise sich gestaltet. Das zeigt sich ins-
besondere an folgenden Punkten.
& Alle Willenshandlungen des Staates sind nothwendig
und ihrer Natur nach rechtlich qualifizirt, auch dann, wenn
ihre Motive der Sittlichkeit, der Klugheit, der Wirthschaft-
lichkeit entspringen. Denn die Willenshandlungen des Staa-
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