103] 8 9. Der Begriff der Verwaltung. 199
setzgebung. Anders ausgedrückt: die regulativen Befugnisse
der vollziehenden Verwaltung können immer nur auf Delega-
tion der Gesetzgebung oder ihr gleichwerthiger Rechtssätze
beruhn. Überall da wo dieses Abhängigkeitsverhältniss nicht
mehr Platz greift ist der Unterschied zwischen Gesetzgebung
und Vollziehung aufgehoben d. h. die regulative Gewalt der
Organe der Vollziehung ist zufälliger Benennungen ungeachtet
Nichts als ein Theil der Gesetzgebung.
Das erweist sich an den zwei, in dieser Rücksicht cha-
rakteristischen Typen unserer deutschen Verfassungen.
Der eine Typus spricht den konstitutionellen Faktoren
die Gesetzgebung schlechthin zu und verweigert darum mit
Recht jeder regulativen Anordnung, die ohne Mitwirkung je-
ner erfolgt den Namen des Gesetzes, bezeichnet sie als Ver-
ordnung. Diesen Verfassungen gilt der Erlass von „Rechts-
verordnungen“ immer nur als delegirt, mag die Delegation
durch die Verfassung selbst, durch Gesetz oder durch neben
ihnen ihre Geltung behauptende Rechtssätze geschehn. Alle
„Rechtsverordnungen“ sind hier im vollen Sinne gesetzver-
tretende Verordnungen.
Der andere Typus überweist den konstitutionellen Fak-
toren nur ein den Gegenständen nach näher bezeichneten
z. B. auf die Freiheit der Person und das Eigenthum bezüg-
lichen Kreis der Gesetzgebung. Obgleich hier die regulativen
Vorschriften, welche ausserhalb dieses Kreises erlassen werden,
auch nur „Verordnungen“ genannt werden, sie beruhen auf
einem selbständigen, unabhängigen, nicht blos delegirten Rechte
des Monarchen, auf einem mit der konstitutionellen Gesetz-
gebung gleichwerthigen Rechte der Gesetzgebung ohne Mit-
wirkung der Volksvertretung. Sie sind nicht blos gesetzver-
tretende Verordnungen im eigentlichen Sinne, sondern trotz
ihrer Benennung als Verordnungen sind sie ihrem Wesen nach
Gesetze schlechthin. Diese „Verordnungen“ und die „Gesetze“
beruhn hier auf einer gegenständlich vorgenommenen Verthei-
lung des Rechtes der Gesetzgebung unter die verschiedenen
Organe des Staates.