113] $ 11. Recht und Verrichtung. 209
der anderweitigen Normen, die das Recht niemals ersetzen
kann und will, treten sollten. Aber das Recht ist doch auch
zu seinem, wenn auch einseitigem Theile ein nicht min-
der zutreffender Bestimmungsgrund alles Handelns mit gesell-
schaftlicher Wirksamkeit. Und wenn der Jurist von seinem
beschränkten Standpunkte aus, den er in seiner Begrenzung
einzuhalten, wie freilich auch als beschränkten anzuerken-
nen wissenschaftlich verpflichtet ist, auf die rechtlichen, ins-
besondere in den Gesetzen enthaltenen Bestimmungsgründe
der menschlichen Willenshandlungen reflektirt, so hat er ein
volles Recht, dieselben als Ausführungen des Rechtes, der
Gesetze zu bezeichnen. In dieser Reflexion führt allerdings
— um mit den Beispielen Laband’s (Staatsrecht 1. Aufl. II,
203. 204) zu reden — Derjenige das Gesetz aus, „welcher die
ibm obliegenden Steuern zahlt, welcher seiner Militärpflicht ge-
nügt, welcher seine Kinder zur Schule schickt, welcher seine
Fabrik vorschriftsmässig ausführt“. Ebenso führt in dieser Re-
flexion die Verwaltung die sie beherrschenden Gesetze aus, so
insbesondere „wenn die Militärbehörde auf Grund des Militär-
gesetzes Rekruten aushebt, wenn die Zoll- und Steuerbehörde
auf Grund der Finanzgesetze Abgaben erhebt“. Und sie thut
dies auch dann noch, wenn die Gesetze ihr die Ermächtigung
einräumen, unter den Dienstpflichtigen eine gewisse Auswahl
zu treffen oder bei den Abgaben Nachlässe eintreten zu las-
sen, oder wenn die Gesetze überhaupt nur eine „Reserve“ bil-
den, von der sie nur im Nothfall Gebrauch macht. Nur frei-
lich Das ist Laband unbedenklich zuzugeben: wenn der Erbe
auf Grund des gesetzlichen Erbrechtes den Nachlass oder
auf Grund des Handelsgesetzbuches der Gläubiger Verzugs-
zinsen fordert, so führen sie in keinem Sinne das Privatrecht
aus. Aber sie thun etwas Anderes. Sie verlangen, dass der,
dem es obliegt, nämlich der Nachlassinhaber, der Schuldner
das Gesetz seinerseits ausführe.
3. Mit den beiden erörterten Punkten hängt eine dritte
und zwar die folgenreichste Wendung des Gedankenganges
zusammen. Es handelt sich um die Behauptung, dass es nicht
Haenel, Studien. I. 14