Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

115] 8 11. Recht und Verrichtung. 211 
wenn Rinderpest ausbricht hat der Veterinärbeamte die be- 
fallenen Thiere zu tödten, wer Richter ist hat unter bestimm- 
ten Voraussetzungen den Leichnam nach bestimmten Regeln 
der Kunst seziren zu lassen — so sind das Alles von be- 
stimmten psychologischen Bewegungen abhängige physiolo- 
gische Prozesse, wirthschaftliche Vorgänge, technische Verrich- 
tungen, ethische Bethätigungen. Das Recht bearbeitet die- 
selben von seinem Standpunkte aus, gestaltet und formt sie 
zu Rechten und Pflichten. Aber es kann dies nicht anders 
thun, als indem es alle diese Thätigkeit inhaltlich, positiv 
bestimmt. Ja das Recht kann sich hierbei vergreifen. Es 
kann vorschreiben, was geläuterten ethischen Auffassungen, 
was den richtigen wirthschaftlichen und technischen Regeln 
widerspricht und es bleibt positiven Rechtes, die sachwidrig 
angeordneten Vorgänge zu vollziehn. 
Freilich — das Recht ist nicht auf diese Methode der 
Bildung seiner Rechtssätze beschränkt. 
In ungezählten Fällen bewirkt es die positive Gestaltung 
der Lebensverhältnisse, die seine Absicht ist, durch Verbote. 
Das Strafrecht bezeichnet in diesem Sinne negativ, die Rechts- 
widrigkeiten, die es verhüten will, indem es die zu Grunde 
liegenden positiven „Normen“, die das Recht an Leib und 
Leben und Vermögen ausmachen, als in dem Rechtsbewusst- 
sein Jedermanns eingeschrieben oder als in anderweitigen 
Rechtssätzen formulirt voraussetzt. Die Feld- und Wald- 
Polizeiordnungen, die eine planmässige Ordnung in Feld und 
Wald bewerkstelligen sollen, lösen sich in eine lange Reihe 
verbietender Klauseln auf. 
Insbesondere, wenn auch alles Recht in dem obersten 
Imperativ ausläuft: Jedermann hat sich darnach zu richten, 
den es angeht, so spricht es doch und kann nicht sprechen 
nur in Geboten und Verboten, nicht nur in genau und posi- 
tiv umschriebenen Berechtigungsklauseln, sondern auch in 
Ermächtigungen. Das gilt vom öffentlichen wie vom Pri- 
vatrecht. Die Rechtsbegrifie der absoluten Personenrechte, 
der Familiengewalten, des Eigenthumes sind genau so recht- 
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