Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

29 Die Verfassungsentwürfe und die Verfassungen. 
stiessen. Allerdings hat das Gesetz die Reichsminister, ver- 
deckt unter dem Namen der Stellvertreter, weder der Zahl, 
noch der Kompetenz nach bestimmt, es hat sie vereinzelt 
nebeneinander hingestellt, jeden für sich nur in Verbindung 
mit dem Reichskanzler. Aber ihrer Gestaltung zu festen 
Aemtern und ihrem kollegialischen Zusammenschlusse unter 
Wahrung der leitenden, die Einheit der politischen Gesichts- 
punkte verbürgenden Stellung des Reichskanzlers steht ein 
verfassungsmässiges Hinderniss nicht entgegen. Und so hat 
das Gesetz Zeugniss dafür abgelegt, dass der Errichtung eines 
Reichsministerium, auf dem Gebiete der kaiserlichen Gewalt 
und soweit dasselbe reicht, die prinzipiellen Grundlagen der 
Bundesorganisation keine Hindernisse bieten. Alle Behaup- 
tungen des Gegentheils stützen sich auf Anschauungen, die 
allerdings den Verfassungsentwürfen der verbündeten Regie- 
rungen zu Grunde lagen, die sich aber bereits seit dem Be- 
schlusse des konstituirenden Reichstages vom 23. März 1867 
überlebt haben. 
Mit diesem, aber auch nur durch diesen Beschluss konnte 
die organisatorische Entwicklung des Bundes natürlich und 
folgerichtig den Gang nehmen, den sie genommen hat, ins- 
besondere ist durch ihn die Leichtigkeit geschaffen worden, 
mit der sich die Verfassung des norddeutschen Bundes zu der 
des deutschen Reiches erweitern liess. Zur Steuer der Wahr- 
heit gereicht es, dass das Verdienst hierfür, wenn es als 
solches geschätzt werden soll, nicht einer mystischen Organi- 
sationskraft, die sich in den Verfassungsentwürfen der ver- 
bündeten Regierungen enthüllte, sondern dem Reichstage mit 
jenem Beschlusse gebührt, den er zwar nach harten Kämpfen, 
dann aber unscheinbar und ohne Geräusch gefasst hat. 
Es wird nicht behauptet werden, dass die volle Tragweite 
des Beschlusses zu Artikel 18 des Entwurfes von irgend einer 
Seite seiner Zeit erkannt worden ist. Es ist nicht einmal ver- 
sucht worden, die Rückwirkung festzustellen, die derselbe 
nothwendig auf die andern, die Organisation des Bundes be- 
treffenden Bestimmungen der Verfassung ausüben musste. Es
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.