222 $ 12. Recht und Staat. [126
ten Bestimmungen, welche diesen Wirkungskreis feststellen,
machen die Kompetenz des Organs aus. Diese Bestimmun-
gen aber werden nicht ausschliesslich durch die Bezeichnung
der Machtmittel, der Befehlsgewalten, der Verfügungsrechte
über persönliche Dienste und wirthschaftliche Güter, also
nicht nur in diesem Sinne formell getroffen, sondern überall
zugleich materiell, durch die inhaltliche Bezeichnung der
Aufgabe, welche durch die Machtmittel erreicht werden sol-
len. Es ist nur eine Frage der staatlichen Entwicklungsstufe
überhaupt und der Staatsform insbesondere, in welchem Um-
fange dies durch allgemeine Ermächtigungen oder durch
spezialisirte Gesetzesklauseln erfolgt. Für das letztere
bietet der Bundesstaat, das Reich das Hauptbeispiel, dessen
Kompetenz und damit die Kompetenz seiner Organe auf einem
spezialisirten, wenn auch verfassungsmässig abänderbaren Ver-
zeichniss bestimmter Staatsaufgaben beruht.
Auch der einfachste Staat besteht nicht ohne eine Mehr-
heit von Organen. Eine solche Mehrheit kann aber in die
Einheitlichkeit und in die Planmässigkeit des Wollens und
Handelns, die mit dem Wesen des Staates unmittelbar gesetzt
ist, nicht aufgehn ohne Begrenzung der Kompetenzen, die
jedem besondern Organe zustehn und ohne eine berechnete
Art des Zusammenwirkens aller Organe in festen Bestimmun-
gen ihrer Über-, Unter- und Nebenordnung. Das macht die
Hierarchie der Organe aus.
Die Aussage, dass ein Einzelner oder eine Mehrheit in
kollegialischer Zusammenfassung Organ des Staates sei, ist
die Aussage, dass ihren auf den Staatszweck bezogenen und
als solchen erkennbaren Willensbestimmungen die ihrem In-
halt entsprechende Anerkennung und Wirkung in der Gesell-
schaft gesichert sein soll.
Die Aussage, dass einem Organe eine Kompetenz zustehe,
ist die Aussage, dass ein bestimmter Willensinhalt dem Wir-
kungskreis des Organes angehöre, um deswillen seinen Wil-
lensbestimmungen gesellschaftliche Anerkennung und verpflich-
tende Wirkung beigelegt ist.