Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

135] 8 12. Recht und Staat. 931 
Rechtssätze sind, wie in aller Welt geschieht es denn, dass 
Verhaltungsmassregeln und Abgrenzungen der Befugnisse und 
Pflichten, welche derselbe Staat — nämlich seine gesetz- 
gebenden Organe — sich selbst — nämlich den Justiz- und 
Verwaltungsbehörden als seinen Organen — vorschreibt, Rechts- 
vorschriften nicht sein, der Rechtsordnung nicht angehören 
können? 
Dem Allen liegt die Hypostasirung eines abstrakten Be- 
griffes: des „Staates“, als der Organisation der Staatsgewalt, 
zu Grunde, welche sich zum vollen innern Widerspruch zu- 
spitzt, wenn sie nur auf den „verwaltenden Staat“, die „Ver- 
waltung“ bezogen wird. Es greift die Vorstellung Platz, dass 
Alles, was innerhalb des Staates, innerhalb der Verwaltung 
vor sich geht, ein Lebensprozess sei, wie die geistigen und 
leiblichen Vorgänge innerhalb des menschlichen Individuum. 
Aber der Staat oder die Verwaltung ist nichts Anderes, als 
die Summe von Menschen, als die gezählten Hunderte und 
Tausende von Individuen, welche, im Dienste eines Gemein-. 
zweckes stehend und darum in ein eigenthümliches Verhält- 
niss zu einander und zu den Unterthanen gesetzt, das aus- 
machen, was das abstrahirende Denken als Staat, als Verwaltung 
bezeichnet. Anders ausgedrückt: Der Staat oder der verwal- 
tende Staat lebt und webt ausschliesslich in seinen Organen 
d. h. in Menschen, die in einer eigenthümlichen Berufsstellung 
den Staatszweck durch planvolle Abgrenzung und Vereinigung 
ihrer Willensbestimmungen verwirklichen. Abgesehn von 
diesen Organen hat der Staat keinerlei Realität, 
sondern ist nur eine einseitige Abstraktion, die 
wir uns in gewissen Zusammenhängen zur Erleich- 
terung unseres Denkens und Sprechens bilden. Ausser- 
halb oder hinter den Organen des Staates lässt sich schlech- 
terdings keine Potenz aufweisen, welcher wir menschliches 
Wollen und darum Rechte und Pflichten, die ja immer nur 
eine Bestimmung menschlichen Wollens sind, zuschreiben 
können. 
Die Realität des Staates oder des verwaltenden Staa-
	        
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