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Rechtssätze sind, wie in aller Welt geschieht es denn, dass
Verhaltungsmassregeln und Abgrenzungen der Befugnisse und
Pflichten, welche derselbe Staat — nämlich seine gesetz-
gebenden Organe — sich selbst — nämlich den Justiz- und
Verwaltungsbehörden als seinen Organen — vorschreibt, Rechts-
vorschriften nicht sein, der Rechtsordnung nicht angehören
können?
Dem Allen liegt die Hypostasirung eines abstrakten Be-
griffes: des „Staates“, als der Organisation der Staatsgewalt,
zu Grunde, welche sich zum vollen innern Widerspruch zu-
spitzt, wenn sie nur auf den „verwaltenden Staat“, die „Ver-
waltung“ bezogen wird. Es greift die Vorstellung Platz, dass
Alles, was innerhalb des Staates, innerhalb der Verwaltung
vor sich geht, ein Lebensprozess sei, wie die geistigen und
leiblichen Vorgänge innerhalb des menschlichen Individuum.
Aber der Staat oder die Verwaltung ist nichts Anderes, als
die Summe von Menschen, als die gezählten Hunderte und
Tausende von Individuen, welche, im Dienste eines Gemein-.
zweckes stehend und darum in ein eigenthümliches Verhält-
niss zu einander und zu den Unterthanen gesetzt, das aus-
machen, was das abstrahirende Denken als Staat, als Verwaltung
bezeichnet. Anders ausgedrückt: Der Staat oder der verwal-
tende Staat lebt und webt ausschliesslich in seinen Organen
d. h. in Menschen, die in einer eigenthümlichen Berufsstellung
den Staatszweck durch planvolle Abgrenzung und Vereinigung
ihrer Willensbestimmungen verwirklichen. Abgesehn von
diesen Organen hat der Staat keinerlei Realität,
sondern ist nur eine einseitige Abstraktion, die
wir uns in gewissen Zusammenhängen zur Erleich-
terung unseres Denkens und Sprechens bilden. Ausser-
halb oder hinter den Organen des Staates lässt sich schlech-
terdings keine Potenz aufweisen, welcher wir menschliches
Wollen und darum Rechte und Pflichten, die ja immer nur
eine Bestimmung menschlichen Wollens sind, zuschreiben
können.
Die Realität des Staates oder des verwaltenden Staa-