Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

147] S 13. Gesetzgebung und Dienstgewalt. 243 
Erst auf Grund dieser Auseinandersetzung über die recht- 
liche Natur der Dienstgewalt und der ihr entfliessenden Ge- 
neralverfügungen präzisirt sich die Verschiedenheit und der 
Widerstreit der Meinungen. Die folgende, entscheidende 
Frage erhebt sich: 
Wie, wenn eine Vorschrift, die an sich, ihrem In- 
halte nach und nach der vorausgesetzten Lage des 
positiven Rechtes, als Ausfluss der Dienstgewalt von 
dem Inhaber der vollziehenden Gewalt oder von einer 
vorgesetzten Behörde hätte erlassen werden können, 
die also eine Anweisung an Behörden oder Beamte 
über ihre Verrichtungen, ihren Wirkungskreis, ihre 
hierarchische Stellung beabsichtigt —, wenn eine 
solche Vorschrift in der Form eines Gesetzes 
erlassen wird, kann man alsdann behaupten, dass 
dieselbe eine „Verwaltungsvorschrift“, eine „Gene- 
ralverfügung“, eine „Verordnung im materiellen 
Sinne“ d.h.ein Ausfluss der Dienstgewalt ist und 
bleibt? 
Ich antworte: Niemals, in keinem Sinne und in 
keiner Wendung! Ich berufe mich hierfür auf einen obersten 
Grundsatz unseres Staatsrechtes: Niemals wird von dem 
Gesetzgeber, in der Form der Gesetzgebung eine 
Dienstgewalt ausübt über Behörden oder Beamte, 
welche damit den gesetzgebenden Faktoren als sol- 
chen d.h. dem Staatsoberhaupte nur in seinem ver- 
fassungsmässigen Zusammenwirken mit der Volks- 
vertretung untergeordnet sein müssten. 
Das kann der äussern Erscheinung nach da verdeckt 
werden, wo der Monarch die vollziehende und gesetzgebende 
Gewalt unterschiedslos in sich vereinigt oder wo die gesetz- 
gebenden Körperschaften zugleich in dem verfassungsmässigen 
Besitze von Befugnissen der Vollziehung sind. Da aber wo, 
wie in den konstitutionellen Systemen Deutschlands, die ge- 
setzgebende Gewalt von der Innehabung der vollziehenden Ge- 
walt in Kompetenz, Organisation und Form der Willensbildung 
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