Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

181] S 17. Folgerungen und Anwendungen. 277 
1. Eine Reihe von Gesetzesstellen, die als An- 
wendungsfälle des Doppelbegriffes angeführt werden, 
finden auch durch die Annahme des einheitlichen 
Begriffes ihre vollkommen ausreichende Erklärung. 
Wenn Artikel 2 der Reichsverfassung bestimmt, dass 
die Reichsgesetze den Landesgesetzen vorgehn, so bedeutet 
„Landesgesetz“ hier jede partikuläre Rechtsnorm mag sie 
auf Gesetz oder Verordnung, auf Autonomie oder Gewohn- 
heitsrecht beruhn. Soviel aber das „Reichsgesetz“ betrifft, 
so ist es allerdings richtig, dass die brechende Kraft nicht 
nur den Gesetzen sondern auch den Verordnungen, nicht nur 
den gesetzvertretenden sondern auch den Vollzugsverordnun- 
gen, ja selbst den Verfügungen des Reiches beiwohnt. Dies 
geschieht aber nicht darum — wie Laband, Staatsrecht, 
2. Aufl, L 612 und Seligmann, Begriff des Gesetzes pag. 164 
annehmen —, weil hier „Reichsgesetz“ im Sinne von „mate- 
riellem‘‘ Gesetze genommen werden müsste, ja auch nur könnte 
— denn dieser Sinn trifft nicht den ganzen Umfang der Be- 
stimmung —, sondern darum, weil alle Verordnungen und 
Verfügungen des Reiches auf Verfassung und Gesetz beruhn 
und beruhn müssen, um ihnen jene Wirkung zu verschaffen. 
Derselbe Artikel 2 der Reichsverfassung fordert für 
„Reichsgesetze“ eine bestimmte Publikationsform und dies 
wird mit Recht auch auf die Rechtsverordnungen des 
Reiches ausgedehnt. Aber trotzdem hat sich dies in der ur- 
sprünglichen Anlage der Verfassung auf gesetzvertretende Ver- 
ordnungen nicht bezogen; denn dieselbe kennt ein unmittel- 
bares Verordnungsrecht des Reiches überhaupt nicht. Nicht 
der Begriff des Gesetzes im materiellen Sinn, wie Laband, 
Staatsrecht 2. Aufl. I, 612 und Seligmann, Begriff des Ge- 
setzes pag. 165 annehmen, sondern eine unabweisbare Ana- 
logie fordert die Anwendung der Publikationsform für Gesetze 
auch auf die unmittelbaren gesetzvertretenden Verordnungen 
des Reiches, wie ich dies in diesen meinen Studien — II, 
pag. 67 fi. 77 fi. — nachgewiesen habe. 
Die Bestimmungen in den bayrischen Sonderklauseln,
	        
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