292 & 18. Der Ausgangspunkt. [196
Auch für diese letzte Entscheidung stütze ich mich aus-
schliesslich auf das deutsche Staatsrecht. Ich thue es, ob-
wohl das tendenziöse Zerrbild von dem „französisch-belgischen“
Budgetrecht, welches man zur Abschreckung entworfen hat
— gestützt auf missbräuchliche politische Schlagwörter und
Parteibestrebungen, willkürlich die Wirkung periodischer Steuer-
gesetze mit der des Budgetgesetzes vermischend, die Ver-
fassungstexte und die zugehörigen Gesetze ebenso wie die
methodische Rechtswissenschaft jener Länder ausser Acht
lassend — einer wissenschaftlichen Berichtigung dringend be-
dürftig ist.
Für das Budgetrecht bietet nun aber das deutsche Staats-
recht zwei durchaus und gerade am entscheidenden Punkte
grundsätzlich verschiedene Typen dar.
Der erste Typus findet seine Hauptrepräsentanten in den
Verfassungen von Bayern und Sachsen. Nach ihnen ist
Gesetz nur das „Finanz“- oder „Steuergesetz“, welches
die periodischen Steuern bewilligt. Das Budget dagegen wird
nur durch eine innere Vereinbarung zwischen den Ständen
und der Regierung festgestellt; es bildet zwar das als solches
anerkannte und darum rechtlich relevante Motiv für das
Finanzgesetz, es wird aber in die Form des Gesetzes nicht
gekleidet und es kann darum keine der Rechtswirkungen aus-
üben, für welche diese Form rechtliche Bedingung ist.
Der zweite Typus wird durch alle diejenigen deutschen
Verfassungen gebildet, welche die Klausel enthalten oder durch
besondere Gesetze oder die Staatspraxis erhalten haben: „Der
Staatshaushalts-Etat wird durch Gesetz festgestellt.“
Nur die kompendiarische Gedankenlosigkeit kann es unter-
nehmen, das Budgetrecht beider Typen auf ein und denselben
juristischen Leisten zu schlagen. Ganz selbstverständlich ins-
besondere ist es, dass die Entscheidung über die Nothwendig-
keit oder Zulässigkeit des zweifachen Gesetzesbegriffes aus-
schliesslich und allein für das „Budgetgesetz“ und nicht für
das Budget ohne Gesetzesform zu treffen ist.
Für den zweiten Typus war bislang die preussische