294 8 18. Der Ausgangspunkt. [198
hält seine Natur „als eine von der Verwaltung sich
selbst gegebene Norm“, dann ist die Regierung an den-
selben formell nicht gebunden, dann kann mit demselben auch
ein ständisches Bewilligungsrecht für die zur Deckung seines
Bedarfes erforderlichen Steuersummen nicht bestehn, dann
sind vielmehr die Stände auf ein vorhergehendes und nach-
trägliches Recht der Kontrole in Bitten, Beschwerden, Minister-
anklagen angewiesen. Fricker entscheidet sich aus dialek-
tischen, politischen, finanztechnischen Gründen für den letztern
Standpunkt und von diesem aus unterzieht er das positive
Recht nicht einer Konstruktion, sondern einer Kritik. Nicht
er, sondern erst die Juristen der neuern Schule haben den
Beweis unternommen, dass das, was Fricker unter der einen
Alternative, wenn das Budget nicht als Gesetz gilt, folgert,
im Wesentlichen auch dann Geltung habe, wenn nach der
andern Alternative das Budget verfassungsmässig durch Ge-
setz festgestellt werden muss.
Aber auch die rechtlichen Ausführungen derjenigen Schrift-
steller, welche das Budgetgesetz nicht sowohl aus seinem be-
sondern Thatbestande heraus, als vielmehr durch eine einfache
Anwendung ihrer allgemeinen Lehren zu konstruiren ver-
suchen, bedürfen einer besondern Prüfung nicht mehr.
Dahin gehören insbesondere G. Meyer und Seligmann,
insofern und insoweit sie — im Übrigen decken sich ihre
Auffassungen mit denen Laband’s — die Natur des Budget-
gesetzes als Gesetzes im formellen Sinne nur darauf stützen,
dass individuelle Regelungen keine Rechtssätze seien und mit-
hin den Inhalt von Gesetzen im materiellen Sinne nicht bil-
den könnten. Die Widerlegung dieses Standpunktes kann nur
eine allgemeine sein.
Dasselbe gilt aber auch von Jellinek — Gesetz und
Verordnung pag. 276 fi —. Ihm ist in voller Abweichung
von allen andern Anhängern des Doppelbegrifies des Gesetzes
das Budgetgesetz rechtsverbindliches Gesetz, rechtliche
Bedingung der Finanzverwaltung. Als formelles Ge-
setz betrachtet er dasselbe lediglich unter einem allgemeinen