316 $ 21. Die Richtschnur der Finanzverwaltung. [220
Arten der Reichseinnahmen tritt jene Rechtswirkung des Bud-
getgesetzes nicht minder hervor.
Zunächst bei den Matrikularbeiträgen.
Auch hier ist die Verpflichtung der Einzelstaaten, „Bei-
träge nach Massgabe ihrer Bevölkerung aufzubringen“ behufs
Bestreitung aller gemeinschaftlichen Ausgaben, soweit sie durch
die „eigenen“ Einnahmen des Reiches keine Deckung finden,
ein Rechtsgrundsatz, den Art. 70 der Reichsverfassung allge-
mein ausspricht. Aber der Reichskanzler, so fügt derselbe
Artikel hinzu, kann diese Beiträge nur bis zu der Höhe
ausschreiben, welche das Budgetgesetz feststellt.
Die Streitfrage, ob die Bestimmung der Reichsverfassung
in Art. 62 al. 2 über die Fortzahlung von 225 Thalern mal
der gesetzlichen Friedenspräsenzstärke an die Reichskasse für
das Heeresbedürfniss noch in fortdauernder Gültigkeit steht
und welche Wirkung dies auf die Ausschreibung der Matri-
kularbeiträge ausübt, kann in diesem Zusammenhange über-
gangen werden. Wird sie bejaht, so scheiden die Matrikular-
beiträge bis zu einem gewissen Betrage hier aus und nur für
die darüber hinausgehenden Summen ist und bleibt das Bud-
getgesetz rechtliche Bedingung ihrer Erhebung.
Das Nämliche gilt von den Einnahmen aus der Ver-
äusserung von Grundstücken, Materialien, Utensilien
und sonstigen Gegenständen im Besitze einer Reichs-
verwaltung, sowie von den Einnahmen, welche aus
der Umgestaltung deutscher Festungen entstehn. Sie
müssen nach dem Reichseigenthumgesetz vom 25. Mai 1873
$8 10. 11 und dem Reichsfestungsbaugesetz vom 30. Mai 1873
a. VII. in das Etatsgesetz aufgenommen werden, Etatsüber-
schreitungen aber oder ausseretatsmässige Einnahmen dieser
Art bedürfen der nachträglichen Genehmigung von Bundes-
rath und Reichstag. Das heisst denn nichts Anderes, als die
Regierung ist zu ihrer Bewirkung nur ermächtigt auf Grund
des Budgetgesetzes; sie muss eintretenden Falles die man-
gelnde Ermächtigung durch nachfolgende Genehmigung er-
gänzen.