229] $ 21. Die Richtschnur der Finanzverwaltung. 325
dass Regierung und Volksvertretung über die Gesetzlichkeit
solcher Einnahmen und Ausgaben einverstanden sind?
Für die Antwort, welche die gesetzgebenden Faktoren
selbst im Sinne haben, geben die einschlagenden Gesetze zum
Theil selbst den Fingerzeig.
Die Reichsverfassung — a 70 — fordert trotz der Zweck-
bestimmung zunächst zu den Betriebsausgaben doch die Auf-
nahme aller Einnahmen aus dem Post- und Telegraphenwesen
in den Etat.
Das Gesetz über den Reichsinvalidenfonds — 88 6. 7. —,
das Gesetz über den Reichsfestungsbaufonds — a. II — schrei-
ben, obgleich Einnahmen und Ausgaben gesetzlich festgelegt
sind, trotzdem vor, dass diese Einnahmen und diese Ausgaben
— und letztere sind zum Theil auch der Summe nach gesetz-
lich fixirte — für jedes Jahr veranschlagt, auf den Reichs-
haushaltsetat gebracht und also durch das Budgetgesetz fest-
gestellt werden.
Ganz die nämliche Erscheinung weisen alle Anleihege-
setze auf, welche zu einem bestimmten, über mehre Jahre sich
erstreckenden Verwendungszweck gesetzlich bestimmt sind. So
sagt z. B. das Gesetz vom 16. Mai 1886 in den 88 1. u. 2:
der Reichskanzler wird behufs Herstellung des Nordostseeka-
nals zur Aufnahme einer Anleihe bis zum Betrage von 106 Mil-
lionen Mark ermächtigt, und im $ 4: „Die auf Grund dieses
Gesetzes alljährlich zu verwendenden Beträge sind in den Reichs-
haushaltsetat des betreffenden Jahres aufzunehmen“,
Sollten etwa auch die Budgetklauseln dieser Gesetze dem
Postskriptum des Geschäftsbriefes: „Ich widerrufe Alles!“ glei-
chen? Auch hier wäre eine solche Annahme nur das sic volo
sic Jjubeo der Willkür.
Ist eine solche Annahme unzulässig, ist es wahr, dass die
Budgetklauseln dieser Spezialgesetze rechtliche Relevanz haben
und nach dem klaren Willen des Gesetzgebers haben müssen,
dann besteht ihre rechtliche Relevanz in nichts Anderem, als
genau in der nämlichen rechtlichen Funktion, welche
das Budgetgesetz nach der allgemeinen Vorschrift