Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

231] $ 21. Die Richtschnur der Finanzverwaltung. 327 
nungen und Massregeln zu führen, sie ist vielmehr recht- 
lich verpflichtet, alle berechenbaren Einnahmen und 
Ausgaben des Reiches nach der Vorschrift eines zeit- 
lich abgeschlossenen @esammtplanes zu bewirken. 
Die Feststellung dieses Gesammtplanes, als Vor- 
schrift für die Finanzverwaltung, liegt ausserhalb der Ermäch- 
tigung der vollziehenden Gewalt, sie kann nur in der Form 
des Gesetzes erfolgen. 
Daher lautet denn das allgemeine rechtliche Gebot, die 
allgemeine Rechtsregel, der allgemeine Rechtssatz, wel- 
chen das Budgetgesetz im Zusammenhang und in der Summe 
seiner einzelnen Bestimmungen darstellt: 
Die hier verzeichneten Einnahmen und Ausgaben sind 
für das bezeichnete Etatjahr unangesehn und unbeschadet des 
Rechtsgrundes, auf welchem sie in ihrer Vereinzelung beruhn, 
nach Vorschrift des hiermit festgestellten Gesammtplanes zu 
bewirken. 
Nur eine scholastische Methode, welche im Leben wie 
im lebendigen Rechte über den Abstraktionen der vereinzelten 
Erscheinungen die Realität ihres Zusammenhanges zu einem 
Ganzen übersieht, würde diesen Kernpunkt der Verfassungs- 
bestimmung leugnen können. 
Mit dieser Grundauffassung ist es keineswegs gesagt, dass 
das Budgetgesetz die einzige Ermächtigung, die einzige 
Rechtsgrundlage, „die alleinige und ausschliessliche Grundlage“ 
bilde, kraft deren die Finanzverwaltung geführt wird. Eine 
grosse Fülle von Finanz- und sonstigen Verwaltungsgesetzen 
bleibt für dieselbe massgebend. Aber das Budgetgesetz ist 
darum nicht minder Eine solche Ermächtigung, Eine solche 
Rechtsgrundlage von spezifischer Bedeutung. 
Es ergiebt sich daraus in keiner Logik die Folgerung, 
dass alle Gesetze, welche dem Staate ständige Einnahmequellen 
eröffnen und welche die finanzielle Deckung gesetzlicher und 
dauernder Einrichtungen, Anstalten und Massregeln fordern, 
ihrer dauernden Geltung entkleidet und der jährlichen Er- 
neuerung bedürftig werden. Diese dauernden Gesetze bilden
	        
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