330 $ 22. Der Massstab der konstit. Verantwortlichkeit. [234
fassungsmässigkeit einfacher Gesetze hinwegsieht, ihre Nach-
wirkungen ausübt.
Ist dem Allen zuwider die Verfassung oberstes Gesetz,
welches jede ihr entgegenstehende Bestimmung früherer Ge-
setze ausser Kraft setzt und für jedes spätere Gesetz nur die
Deutung zulässt, die mit ihr ohne Widerspruch bestehn kann,
so kann auch das Budgetgesetz, welches die Verfassung an-
ordnet, an keinem Punkte um anderweitiger Gesetze willen
rechtlich irrelevant sein. Dann müssen diese andern Gesetze
diejenigen Modifikationen und diejenigen Deutungen empfan-
gen, welche dem Budgetgesetze in der Gesammtheit seiner
Bestimmungen und damit dem Artikel 69 der Reichsverfassung
in der Fülle seines Wortlautes rechtliche Kraft und Wirkung
beimessen.
Damit ist denn aber die Auffassung des Budgetgesetzes
und seiner als gesetzliche Normen beschlossenen Bestandtheile
als Gesetzes im formellen Sinne und zwar im Sinne recht-
licher Irrelevanz schlechthin unvereinbar. Vielmehr muss das
Budgetgesetz um der vorherrschenden Geltung der Verfassung
willen Gesetz schlechthin, Gesetz mit rechtsverbindlichem In-
halt sein.
Das Budgetgesetz als Ganzes, als Gesammtplan
der Finanzverwaltung enthält den gesammten Rechts-
satz, dessen Determinationen, in denen er dargestellt
wird, die einzelnen Einnahme- und Ausgabeposi-
tionen sind.
8 22.
Der Massstab der konstitutionellen Verantwortlichkeit.
Ausser jedem Streite steht es, dass die zurechenbare
Übertretung eines Gesetzes, für welches rechtliche Relevanz
in Anspruch genommen werden soll, mit Rechtsfolgen ver-
knüpft sein muss. Bethätigen doch die Gesetze ihre Kraft
selbst- dadurch, dass sie an Thatbeständen, welche, obgleich