245] $ 22. Der Massstab der konstit. Verantwortlichkeit. 341
Rechnungslegung, welche erfolgt auf Grund des Bud-
getgesetzes, einschliesslich etwaiger Nachtragsgesetze und
der erfolgten nachträglichen Genehmigungen, — vorbehalt-
lich der Frage, wieweit nach positivem Rechte Abweichungen
auch von anderweitigen Gesetzen in das Verfahren einzu-
beziehn sind.
Sie wird bewirkt unter der vermittelnden Thätigkeit des
Rechnungshofes des deutschen Reiches nach den nähern
Massgaben des preussischen Gesetzes vom 27. März 1872,
welches diese Behörde in einer eigenthümlichen Rechtsstellung,
obgleich dieselbe nicht in unmittelbarer Beziehung zu den ge-
setzgebenden Körperschaften steht, doch zu einem Hilfsorgane
der letztern behufs Ausübung ihrer finanziellen Kontrollrechte
gemacht hat.
Sie hat zur Absicht den Ausspruch der einzelnen gesetz-
gebenden Körperschaften, einer jeden für sich, als der zu den
konstitutionellen Verantwortungspflichten berechtigten Subjekte,
herbeizuführen:
ob der Reichskanzler der mit dem Budgetgesetz verknüpf-
ten Pflicht der Rechtfertigung genügt hat und darum zu ent-
lasten sei,
oder ob dem Reichskanzler die Entlastung zu verweigern
und damit seine rechtliche Haftung zu behaupten sei.
a. Der Beschluss der Entlastung ist ein defini-
tiver. Er entbindet den Reichskanzler im Verhältniss zu der
dechargirenden Körperschaft von jeder Haftung in endgültiger
Entscheidung. Denn die Entscheidung erfolgt in verfassungs-
mässiger Ausübung eines subjektiven Rechtes der Kontrolle
und ist die Erklärung, dass die entsprechende subjektive Ver-
pflichtung erfüllt sei. Wieweit erst nachträglich hervor-
tretende Umstände den Reichskanzler noch als verantwortlich
aus der dechargirten Finanzverwaltung erscheinen lassen kön-
nen, das ist nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu entschei-
den. Aber in keinem Falle kann eine solche Verantwortlich-
keit in den besondern Formen der Rechnungslegung, sondern
nur noch in den Formen geltend gemacht werden, welche auf