Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

257] 8 23. Die Budgetlosigkeit. 353 
lichkeit für jede andere verfassungswidrige Handlung, insbe- 
sondere für solche andere verfassungswidrige Handlungen, die 
zugleich einen finanziellen Erfolg haben, ergeben. 
Welche Bedeutung für die Feststellung und Würdigung 
dieser allgemeinen Rechtsfolgen die Thatsachen haben, dass 
der Eintritt der Budgetlosigkeit ohne Verschulden der Re- 
gierung stattfand, dass die geschehnen Ausgaben durch ander- 
weitige Gesetze vorgeschrieben waren, dass dieselben durch 
den „Nothstand“ des Staates, durch die Nöthigung den Be- 
stand, die Sicherheit, die wesentlichen Interessen desselben zu 
schützen und die wohlerworbenen Rechte Dritter zu achten, 
gerechtfertigt werden können — das Alles entscheidet sich 
nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen. 
Hierbei vermögen wir zu sagen, was geschehn kann, wenn 
die gesetzgebenden Faktoren auf friedlichem Wege oder unter 
dem sanften oder gewaltsamen Zwange der Machtverhältnisse 
zu einer Einigung gelangen. Prolongationen des bisherigen 
Budgetgesetzes, provisorische Bewilligungen, zuletzt Indemni- 
tätsgesetze sind immer zur Hand. Sie können freilich niemals 
die Thatsache der verfassungswidrigen Budgetlosigkeit aus der 
Welt schaffen. Aber sie sind immerhin geeignet, die Achtung 
vor der Verfassung zu bezeugen und die Einrenkung in den 
vollen, verfassungsmässigen Zustand zu bewirken. 
Aber auch hierbei vermögen wir auf Grund des positiven 
Rechtes im Reiche und Preussen nicht zu sagen, welches 
denn die Rechtsfolgen sind, die sich an die rechtliche Haftung 
aus der konstitutionellen Verantwortlichkeit für Verfassungs- 
verletzungen knüpfen, in welcher Form und vor welcher In- 
stanz dieselben zum rechtlichen Austrag zu bringen sind. Auch 
hier bricht im Widerspruch mit Recht und Verfassung der 
deutsche Rechtsstaat kurzer Hand ab; Macht geht vor Recht. 
Jedoch — alles das Gesagte gilt in voller Unbeschränkt- 
beit nur für das Reich, nicht für den Einzelstaat. Denn 
allerdings die Budgetlosigkeit im Einzelstaate vermag an Einem 
Punkte das volle Recht der Staatsregierung gewisse Einnahmen 
und gewisse Ausgaben zu bewirken, nicht zu beseitigen. Das 
Haenel, Studien. II. 23
	        
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