Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

Gesetzgebung und vollziehende Gewalt. 37 
Gewalt zu den gesetzgebenden Körperschaften steht. Selbst 
hiervon scheiden wir die Seite aus, welche die Beeinflussung 
und die hierauf zielenden Befugnisse der gesetzgebenden Körper- 
schaften gegenüber der vollziehenden Gewalt befasst. Es han- 
delt sich für uns nur um die Einwirkung, die dem Organe 
der vollziehenden Gewalt auf die gesetzgebenden Körper- 
schaften zusteht und um das organische Verhältniss, welches 
hierdurch entsteht. Jene Befugnisse kommen also wesentlich 
in Betracht, welche das konstitutionelle System in ihren Haupt- 
erscheinungen als Prärogative der Krone, Initiative und Veto 
bezeichnet. Und wiederum hierbei liegt uns die Entscheidung 
ferne, ob diese Befugnisse stark genug sind, um ihrem Inhaber 
zugleich die Innehabung der gesetzgebenden Gewalt oder doch 
eine Betheiligung daran zu verschaffen oder ob sie nur einen 
irgendwie gearteten Einfluss der Vollziehung auf die Gesetz- 
gebung darstellen. — 
In dem Entwurfe der norddeutschen Verfassung war in 
einfacher, aber zureichender Weise dafür Sorge getragen, dass 
der preussische Staat, als Inhaber der im Präsidium des Bun- 
des enthaltenen vollziehenden Gewalt, einen massgebenden und 
vielfach ausschlaggebenden Einfluss auf den Gang der eigent- 
lichen Gesetzgebung und weiter auf das ganze der Beschluss- 
fassung des Bundesrathes unterliegende Gebiet besass. Es war 
dies im Wesentlichen nach der ganzen Anlage der Organisa- 
tion vermittelt durch die besondere Stellung Preussens inner- 
halb des Bundesrathes. 
Innerhalb des Bundesrathes entwickelte sich der that- 
sächliche Einfluss, den das Ehrenrecht des Vorsitzes und der 
Geschäftsleitung mit sich brachte. Das Gewicht der 17 Stim- 
men verschaffte mehr als ein Drittel der Gesammtzahl der 
Stimmen. Es gab der vollen Initiative? Preussens, die es for- 
ı Wir bezeichnen damit die Rechte, welche dem Inhaber der 
vollziehenden Gewalt auf die Konstituirung der gesetzgebenden Körper- 
schaften zustehen. 
$ Mit Initiative bezeichnen wir im weiteren Sinne das Recht der 
Einbringung eines Gesetzentwurfes, also einschliesslich der Einbringung
	        
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