60 Das Reich und der preussische Staat.
des preussischen Ministeriums sich in ein solches Verhältniss
anbequemender Ergänzung und Verstärkung zur Politik des
Reichskanzlers stelle, dass die preussische Stimme im Bundes-
rathe sich in stetiger und gesicherter Weise der kaiserlichen
Gewalt als solcher dienstbar macht. Sie sollten noch weiter
greifen und dem Reiche auch auf den Gang der inneren
Politik Preussens, die ausserhalb der Kompetenz des Reiches
liegt, einen leitenden und überwachenden Einfluss verschaffen.
Denn allerdings nur im Einklange der wesentlichen, der lei-
tenden Gesichtspunkte der deutschen und preussischen Politik
innerhalb und ausserhalb der verfassungsmässig abgegrenzten
Kompetenzen kann das Reich nicht nur die Kraft fördersamer
Entwickelung, sondern selbst die Bedingungen seiner Aufrecht-
erhaltung gewinnen.
In dieser Richtung liegt die Verbindung des Amtes des
Reichskanzlers und seines allgemeinen Stellvertreters mit dem
Präsidium und Vizepräsidium des preussischen Ministeriums,
die für die Klarheit der Verantwortlichkeitsverhältnisse nicht
unbedenkliche Berufung einzelner Vorstände der obersten
Reichsbehörden in das preussische Ministerium, die Bevoll-
mächtigung der obersten Reichsbeamten auf der einen und
der preussischen Minister auf der andern Seite zum Bundes-
rathe, die eigenthümliche Stellung, die — nach dem Plane
des Reichskanzlers* — der Staatssekretär im Reichsschatz-
amte zu dem preussischen Finanzminister und dadurch dieser
zur deutschen Finanzverwaltung einnehmen soll. Ja selbst
zu offenbaren Inkongruenzen ist man auf diesem Wege gelangt,
wie es dies zweifellos ist, wenn sämmtliche preussische Bevoll-
mächtigte zum Bundesrathe nicht, wie während des nord-
deutschen Bundes von „Sr. Maj. dem Könige von Preussen“,
sondern von „Sr. Maj. dem Kaiser, König von Preussen“ er-
nannt werden.
Alles dieses liegt ausserhalb der Bestimmungen der
! Sten. Ber. d. R. II. Session 3. Leglp. pag. 345, 385 und die Ver-
handlungen zum Nachtragsetat für 1878/79 ib. pag. 787 ff.